Anmaßung

© Heino Weidmann Hat Gott wirklich? gesagt – 95ThesenTeil2.de zu deinem Sieg über die Sünde durch Jesus Christus, Teil 4  Für und Wider – Anmaßung, epubli.de, 2021.

Anmaßung

Allein der Ansatz des Gedankens beständigen Sieges im christlichen Leben lässt in uns reflexartig Abscheu, sofortige Unterstellung von Pharisäertum, Überheblichkeit, Selbstüberschätzung, völlige Unkenntnis über die Verdorbenheit des Menschen und Stolz auf eigene Leistung aufkommen. Menschen, die von der möglichen Vollkommenheit eines christlichen Lebens reden, müssen ja stolz und selbstgerecht ein.

Befand sich nicht der Pharisäer im Tempel in der Überheblichkeits-Falle und der Zöllner als Sünder wurde gerechtfertigt, nicht der Pharisäer?

Der Pharisäer gratulierte sich selbst. Er redete nicht mit Gott, sondern vor Gott und stellte Gott seine vermeintliche Frömmigkeit selbstgefällig dar.

Aber wer nach völliger Heiligung strebt oder sie erlangt, ist nicht stolz wie der Pharisäer. Im Gegenteil. Er ist zerbrochen. Er ist ans Ende gekommen mit den Versuchen, es aus eigener Kraft zu schaffen. Er kann nicht mehr. Anstatt stolz zu sein, ist er einen Schritt in der Demut weitergegangen.

Der Bekehrte sagt:

„Sünden kann nur Gott vergeben, aber leben muss ich doch noch selbst.“

Der Geheiligte sagt:

„Ich kann auch nicht leben wie Gott es will. Jesus hilf mir elendem Menschen!“

Der völlig Geheiligte ist vollkommen an sich selbst und seinen eigenen Mitteln zuschanden geworden (Röm 7). Es ist Irrsinn, einem solchen Menschen Stolz vorzuwerfen.

Du, der du Stolz unterstellst, erforsche dich selbst.

Wer lebt dein Leben, du oder Gott? Wenn du, oder wenn auch du, dann ist, was von dir kommt, deine eigene Leistung. Und du merkst: Meine Leistung genügt den Anforderungen Gottes nicht. Denn es ist ganz klar: Wer überhaupt auch nur versucht, selbst Gott genügen zu können, baut auf seine eigene Kraft und Stärke. Damit beweist du, dass du dein eigenes geistliches Leben für deine eigene (ungenügende) Leistung hältst. Und das ist deinerseits Stolz und Sünde. Vordergründig magst du anderes sagen. Aber das ist, was du glaubst.

Nun gut, du verdammst deine eigene Leistung, denn sie verdammt dich. Aber auch dann hast du ein Problem. Denn wenn du nicht stolz auf dein eigenes (Un)Vermögen bist, dann bist du doch ungläubig Gottes Vermögen gegenüber. Du sagst wohl fein: „Ich kann ja nicht!“. Aber wenn das Wort Gottes ganz im Gegenteil sagt „Du kannst“, dann vertraust du Gott nicht und bist ungehorsam. Denn du sagst: „Ich kann nicht“. Aber Gott sagt: „Meine Gebote sind nicht schwer. Du kannst (1. Joh 5, 2-5).“ Wer hat nun Recht? Wenn du schon nicht stolz bist, weil du die Einsicht hast, dass du es gegen deine Sündernatur nicht schaffst, dann bist du vermessen, weil du deine eigene Einschätzung für richtiger hältst, als die Gottes. Dadurch verunehrst du Gott durch Überheblichkeit seinem Wort gegenüber. Du hältst dich für einsichtiger als Gott! Oder sollte Gott gesagt haben, dass seine Gebote leicht sind und dass wir, wie er heilig ist in allen Dingen, heilig leben und lieben sollen? Sollte er? Hat er das gesagt?

Bei Jesus halten sich die Stellen, in denen er Stolz tadelt, in etwa die Waage mit den Stellen, wo er Unglauben tadelt. Beides wiegt genauso schwer vor ihm. Ja, Unglauben ist auch eine Art von Stolz. Denn ich schätze meine eigene Sicht der Dinge gültiger ein, als die Sicht Gottes.

Unglauben ist wie Ungehorsam. Und Ungehorsam ist wie Rebellion gegen Gott (1 Sam 15, 23). So hat Gott es beim Volk Israel in der Wüste gesehen (4 Mose 14, 29). Und er ermahnt uns, nicht nach dem gleichen Bild des Ungehorsams zu fallen.

Du, der du Stolz unterstellst, bist nicht vielmehr du stolz?

Sicher, es mag einige oder sogar viele negative Beispiele unter Gottes Volk geben für Menschen, die auf ihr Leistung vor Gott stolz waren und sind. Fakt und Realität ist aber, dass für unsere Heiligung und Verwirklichung unserer christlichen Vollkommenheit das Gleiche gilt, wie für unsere Erlösung und Annahme bei Gott aus Gnade.

„Er robbt die zwei Kilometern auf den Knien vorwärts – dann weiter mit blutenden, schmerzenden Knien die Stufen bis zur Kapelle hinauf – bis er schließlich sein Opfer auf den Altar legt.“

Genug? Genug für die Sünden eines Jahres, die Sünden eines Lebens? Sein Gewissen plagt ihn weiter – wie könnte das jemals genug sein, was er zu seiner eigenen Erlösung tut, vor dem Heiligen und Gerechten! Jeder durch das Blut Jesu erlöste Christ weiß, dass es hoffnungslos ist, selber etwas tun zu wollen, um mit Gott ins Reine zu kommen. Jeder Mensch braucht die frei geschenkte Vergebung und Erlösung Christi, er kann sich nicht selbst erlösen.

Wer meint, in sich selber gerecht zu sein oder das Geschenk der Gnade und Annahme in Christus nicht zu brauchen, ist stolz und selbstgerecht – so sagt es uns Gott in der Bibel und so empfinden wir es auch. Gottes Geschenk nimmt die Härte aus uns, den Leistungsdruck und das Vertrauen auf uns selbst – Gottes Liebe erweicht uns, schenkt uns Demut, bringt uns in die rechte Stellung vor Gott.

Für die Vergebung Gottes wissen wir das, glauben wir das und praktizieren wir das.

Und warum fallen wir dann genau in diese Falle der eigenen Werke, was unsere Heiligung angeht?

Jer 9, 22-23 N
So spricht Jahwe: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, der Starke sei nicht stolz auf seine Stärke, und der Reiche gebe nicht an mit seinem Geld. Grund zum Rühmen hat nur, wer mich erkennt.

Ja, wir können uns wirklich keiner eigenen Leistung vor Gott rühmen, wir können Gott nur für das loben, was er für uns getan hat. Alles ist ein Geschenk (Eph 2, 8-10). Wenn das für unser Heil und unsere Rechtfertigung gilt, wieviel mehr aber auch für unsere Heiligung und Heiligkeit. Auch sie sind ein Geschenk von Christus an uns, wie alle anderen Gnadengaben Gottes.

Jer 17, 5 N
So spricht Jahwe: “Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut, der sich auf Menschenkraft verlässt und sein Herz von Jahwe abkehrt!

Wer vor Gott irgendetwas aus eigener Kraft erreichen will, sei es Erlösung oder Heiligung, steht unter einem Fluch. Es ist zum Scheitern verurteilt, aus eigener Kraft zur Sündenvergebung zu kommen und es ist genauso zum Scheitern verurteilt, aus eigener Kraft zur Vollkommenheit des christlichen Lebens zu gelangen. Gott verheißt und fordert Vollkommenheit aber mindestens 12-mal im Neuen Testament von uns. Und wer das in eigener Kraft umzusetzen versucht, steht unter dem Fluch Gottes, so wie die rückfälligen Galater, die aus eigener Kraft Gottes Heil noch etwas hinzufügen wollten.

Galater 2, 2-3; 3, 13 N
Habt ihr den Geist empfangen, weil ihr das Gesetz befolgt oder weil ihr die Botschaft vom Glauben gehört habt? Begreift ihr das nicht? Wollt ihr wirklich in eigener Kraft zu Ende bringen, was ihr im Geist angefangen habt? … Das Gesetz jedoch gründet sich nicht auf den Glauben. Hier gilt: “Wer seine Vorschriften befolgt, wird durch sie leben.” Von diesem Fluch des Gesetzes hat Christus uns freigekauft, indem er an unserer Stelle den Fluch auf sich genommen hat.

Die Galater wollten der Vergebung durch Jesus noch etwas Eigenes – das Tun des mosaischen Gesetzes – hinzufügen. Und Paulus warnte sie. Wer meint, sich durch eigene Anstrengungen retten zu können oder müssen steht unter einem Fluch, ist schuldig das ganze Gesetz zu halten und weil er das nicht kann, ist er von Christus getrennt.

Genau das gleiche Prinzip gilt aber für ein heiliges Leben: Es ist nicht aus eigener Kraft möglich. Mein Ich, mein alter Mensch, ist unverbesserlich. Ich kann ihn schmücken und schön zurechtmachen und versuchen zu kontrollieren. Er wird sich immer wieder als das hässliche und unverbesserliche Wesen zeigen, der er ist.

Gott hat da ein ganz anderes Vorgehen: Er tötet den alten Menschen in uns und lebt dann selber in uns das Leben, das er von uns haben will. Das sind punktuelle Geschehen wie beim Tod und der Auferstehung Jesu. Und davor gibt es einen Prozess des Sterbens. Doch es gibt einen – meinen – inneren Tod und eine Auferstehung, meine Auferstehung in diesem Leben. Letztere ist meine völlige Hingabe an den Willen Gottes, ohne etwas für mich zurückzubehalten. Und auch das kann nur durch Gottes Gnade geschehen. Die Auferstehungskraft und das Auferstehungsleben Jesu kommen alleine von ihm. Jede Sekunde lebt allein er in mir siegreich. Daher gebührt ihm auch alle Ehre. Wessen kann sich Paulus rühmen, wenn er sagt:

Gal 2, 19-21 N
Ich bin mit Christus gekreuzigt und lebe praktisch nicht mehr. Christus lebt in mir. Und das Leben, das ich jetzt noch in meinem sterblichen Körper führe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich geopfert hat.

Paulus kann sich doch nur Christi rühmen, nicht seiner selbst. Und Paulus weiß das. Alle Ehre gebührt Gott, sowohl für unsere Erlösung, als auch für unsere Heiligung.

1 Kor 1, 31-31 N
Euch aber hat Gott mit Jesus Christus verbunden, der uns zur Weisheit wurde, die von Gott kommt, zur Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, zur Heiligkeit (o. Heiligung) und zur Erlösung. Es sollte so kommen, wie geschrieben steht: “Wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn.

Das ist die ganze Botschaft dieses Buches, dass wir uns eben nicht selber so heiligen können, wie Gott es fordert. Wir können nur durch das Blut und Opfer Christi und durch sein stellvertretendes Leben so geheiligt werden, wie Gott es will. Und deshalb gehört Gott dafür auch alle Ehre wie schon in der Passage zuvor für unsere (völlige) Heiligung, als auch wie in vielen anderen Textstellen deutlich wird (5 Mose 8, 17+18).

Gal 2, 19-20 N
Ich bin mit Christus gekreuzigt und lebe praktisch nicht mehr. Christus lebt in mir.

Eph 3, 20-21 N
Dem, der so unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder erdenken, und der mit seiner Kraft in uns wirkt, ihm gebührt die Ehre!

Christus gebührt alle Ehre – denn den Sieg hat nur er errungen und er allein kann uns an seinem Sieg Anteil geben und sein siegreiches Leben durch uns ausleben. Jedem Anflug von Stolz in einem siegreichen leben durch Christus ist jede Grundlage entzogen. Alles kommt alleine von Christus und nur ihm kommt dafür alle Ehre zu.

Woher kommt also unser Unmut über Menschen, die sagen, dass es möglich vollkommen und wie Jesus zu lieben und zu leben? Ich denke es gibt zwei Ursachen:

Die eine liegt darin, dass wir dem „wie Jesus sein“, falsche Dinge zuschreiben. Wir sollen wie Jesus als Mensch sein und nicht wie Jesus in seinen göttlichen Eigenschaften. Nur Gott ist unendlich, unfehlbar, allmächtig, allwissend. Jesus legte selbst diese göttlichen Vorrechte ab, als er Mensch wurde – und wusste konnte und tat nur das, was der Vater ihm offenbarte und zeigte. Er lebte als Mensch im Glauben an und durch den Vater (Joh 5, 19, 30; 14, 10) – so können und sollen auch wir als Nachfolger Jesu im Glauben an und durch Jesus leben und können und werden nur das tun, was Jesus uns offenbart und zeigt (Joh 14, 11+20; 15, 10+12) und was unseren zugeteilten Gaben und unserer Verantwortung entspricht (Mt 10, 14-30; 1 Kor 12-14).

Dabei ist Jesus das Haupt, wir seine Glieder. Jesus war und ist das Haupt und jeder Gläubige Teil seines Leibes (Röm 12, 5; 1 Kor 12). Dies bezieht Paulus vor allem auf die Gaben im Leib Christi – hier sind wir alle begrenzt, keiner hat wie Jesus alle Gaben und wir sind aufeinander angewiesen. Es gibt nur dieses, das wir neben der Erlösung alle gemeinsam und alle gleich haben sollen und wie Jesus haben sollen: Heilige Liebe, die sich in demütigem Dienen und in der Ehrfurcht vor Gott zu Gottes Ehre und zum Wohl der Menschen zeigt. Feindesliebe. Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben. Nur in diesen Eigenschaften können und sollen wir wie Jesus sein. Es ist das neue Gebot Christi. Und das können wir nicht aus uns selbst halten. Wir sind letztliche leere Gefäße, die Jesus mit sich selbst füllt. Dann sind wir wie er. Dann ist ER in uns das, was wir sein sollen. Und dafür geben wir ihm alle Ehre, ohne Stolz, sondern mit dem demütigen Geist, den wir von ihm unter seinem Joch gelernt haben.

Nicht der ist anmaßend, der Gott und seinem Wort glaubt und folgt,
der ist anmaßend, der sich für weiser hält als Gott und ihm widerstrebt.

 

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