Phasen des Wachstums und der Erziehung Gottes

© Heino Weidmann Hat Gott wirklich? gesagt – 95ThesenTeil2.de zu deinem Sieg über die Sünde durch Jesus Christus, Teil 3  Gesamtbiblische Betrachtungen – Wachstum oder eine neue Schöpfung? – Phasen des Wachstums und der Erziehung Gottes, epubli.de, 2021.

Phasen des Wachstums und der Erziehung Gottes

Sowohl im Alten, als auch im Neuen Testament erzieht Gott sein Volk.

5 Mose 8, 2-5 N
Du sollst immer daran denken, wie Jahwe, dein Gott, dich diese vierzig Jahre lang in der Wüste umherziehen ließ, um dich demütig zu machen und dich auf die Probe zu stellen. Er wollte deine Gesinnung erkennen und sehen, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. Er demütigte dich und ließ dich hungern. Er gab dir das Manna zu essen…. In diesen vierzig Jahren ist deine Kleidung nicht verschlissen und dein Fuß nicht geschwollen. Daran kannst du erkennen, dass Jahwe, dein Gott, dich erzieht wie ein Mann seinen Sohn.

Hebr 12, 3 – 11 N
Denn wen der Herr liebt, den erzieht er streng, … Was ihr ertragen müsst, dient also eurer Erziehung. Gott behandelt euch so wie ein Vater seine Söhne. … Unser himmlischer Vater aber weiß wirklich, was zu unserem Besten dient. Er erzieht uns, damit wir Anteil an seiner Heiligkeit bekommen. … Menschen, die durch diese Schule gegangen sind, führen ein friedfertiges und gerechtes Leben.

Erziehung durch Gott ist ein schmerzhafter Prozess, der aber reiche Früchte trägt.

Israel kann nach der Erziehung durch Jahwe endlich nach vierzig Jahren in das verheißene Land einziehen.

Und die Gläubigen im Neuen Testament bekommen Anteil an der Heiligkeit Gottes – nicht nur bei ihrer Bekehrung – auch dann, wenn die Erziehung Gottes zu ihrem Ziel gekommen ist.

Die Zeit unserer Erziehung ist eine Zeit des Wachstums im Glauben unserer Beziehung zu Gott. Immer wieder bestätigt die Bibel, dass wir uns selbst mehr nach Gott ausstrecken und dadurch wachsen sollen (Eph 4, 15; Phil 1, 25; Kol 1, 6+10; 1 Petr 2, 2). Gott ist es aber selbst, der das Wachstum gibt (1 Kor 3, 6).
Und doch: So wie es einen Übergang von der Wüste ins verheißene Land gibt, gibt es auch einen Übergang von der fortlaufenden Erziehung Gottes zum „Anteil haben an seiner Heiligkeit“. Und so wie es durch Kämpfe im verheißenen Land auch Sieg und Landgewinn und Fortschritt gibt, so gibt es auch nach dem Erhalt des Anteils an der Heiligkeit Gottes Kampf, Sieg, Fortschritt. Und in jedem Fall gibt es auch die Möglichkeit der Niederlage, auch wenn sie in Gottes Programm nicht vorgesehen ist (Jos 7, 1; Apg 5; 1 Joh 2, 1).

Die vielen Stellen zum Wachstum der Gläubigen im Neuen Testament widersprechen nicht der Stufenerfahrung der völligen Heiligung. Davor und danach können sie wachsen und Frucht bringen (Joh 15, 1-3).

Wachstum geschieht allerdings nicht einfach automatisch mit der Zeit. Das macht die Bibel an vielen Stellen deutlich (Lk 8, 15; Hebr 6, 7-12; 2 Kor 6, 1)

Es ist maßgeblich davon abhängig, auf welch fruchtbaren Boden das Wort Gottes fällt. Das ist unser Herz. Und für dieses Wachstum sind wir verantwortlich. Wenn wir auf Jesus sehen, werden wir verändert (2 Kor 3, 18).

Paulus als durch und durch Geheiligter und Vollkommener (siehe Teil 2, Kapitel Der Apostel Paulus) wollte immer noch weiterwachsen, mehr von Christus erkennen ihm noch ähnlicher, ihm noch gleichgestalteter werden (Phil 3, 7-16).

Es ist wie bei einem Baum. Vor unserer Bekehrung trägt unser Lebensbaum schlechte Früchte (Mt 7, 17), selbst unsere guten Werke in Selbstgerechtigkeit sind unrein vor Gott (Röm 4, 1-15; Hebr 6, 1).

Nach unserer Bekehrung fangen wir an, gute Früchte zu tragen (Lk 8, 15), tragen aber noch schlechte Früchte (Jak 3, 10-12) und reinigen uns von schlechten Früchten (Jak 3, 13-18). Dabei haben wir Anschluss an Christus, dessen Reichtum unerschöpflich ist (Eph 3, 8).
Und nach der völligen Heiligung trägt unser Lebensbaum nur noch gute Früchte (Mt 7, 18), erst vielleicht nur wenige, dann aber durch unser Wachstum in der Heiligung immer mehr (Phil 3, 10).

Wollen wir uns einmal exemplarisch die Wachstumsstufen des Volkes Gottes ansehen.

 

Das Wachstum Israels (1. Mose – Josua)

Im Alten Bund ruft Jahwe sein Volk durch die drei Stammväter Abraham, Isaak und Jakob ins Dasein. In Ägypten wächst Israel zu einem Volk heran. Als sie von den Ägyptern über die Maße bedrückt werden, sendet Gott Mose, um sie zu retten und um sie aus der Hand der Ägypter zu erlösen. Durch Mose schenkt er ihnen das Passalamm, dessen Blut sie vor dem Todesengel behütet, der nach den neun vorangegangenen Plagen die Erstgeburt der Ägypter schlägt. Dann führt Gott Israel durch die Hand des Mose aus Ägypten heraus. Die Israel nachjagenden Ägyptern lässt er in den Fluten des Toten Meeres versinken, während Israel unbeschadet durch den von Gott gebahnten Weg am Meeresgrund hindurchzieht.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat Gott außer dem Halten des Passas nichts vom Volk Israel verlangt. Er hat alles für sie getan. Auf ängstliche Befürchtungen und Anklagen des Volkes reagierte Gott selbst oder durch Mose begütigend beschwichtigend und half ihnen ohne Vorwurf heraus. Das Volk sollte Jahwe, seine Güte und sein Handeln erst einmal kennen lernen. Nach ihrem Auszug aus Ägypten und vor dem Roten Meer führte er sie sogar einen Umweg, damit sie nicht durch einen frühzeitigen Kampf entmutigt und wieder nach Ägypten zurückkehren würden. Das alles lässt sich unter dem Begriff bedingungslose Annahme zusammenfassen und entspricht einer frühkindlichen Entwicklungsphase bei uns Menschen.

In der Wüste fängt Gott jetzt an, das Volk leichten Prüfungen zu unterziehen. Erst ist kein genießbares Wasser da und sie leiden Durst, dann fehlt ihnen Essen. Auf die Not des Volkes, das sich immer an Mose wendet, reagiert Gott mit seiner Hilfe und versorgt sie mit gutem Wasser, Manna und Wachteln (2 Mose 15-17). Obwohl das Volk immer wieder zum Mittel des Murrens greift, so wie ein kleines Kind lautstark seine Stimmungen und Bedürfnisse kundtut, macht ihnen Gott zu diesem Zeitpunkt noch keine großen Vorwürfe. Er lehrt sie vielmehr durch Mose mit dem Felsen zu reden, und er versorgt sie in allen ihren Bedürfnissen.

Diese Phase lässt sich unter dem Begriff Führung zusammenfassen. Sie entspricht der Phase des Heranwachsens eines kleineren Kindes. Die Eltern haben viel Verständnis und führen das Kind, auch wenn es manchmal trotzt, liebevoll an gute Verhaltensweisen heran, trauen und muten ihm erste kleine Herausforderungen zu und versorgen es gut.

Dann erfolgt ein erster eigener Kampf Israels gegen Amalek. Solange Mose, gestützt durch Aaron und Hur die Arme (zu Gott) ausbreitet (und betet, bzw. das Kreuz verkörpert), gewinnt Israel. Nach diesem gewonnenen Kampf lehrt Gott durch Mose das Volk Gottes Rechte und mithilfe seines Schwiegervaters setzt Mose Vorsteher ein, die ihm die Arbeit erleichtern (2 Mose 17 + 18).

Das ist die Phase der frühen Adoleszenz oder Teenagerphase, in der Kinder größere Verantwortung und verantwortungsvollere Aufgaben bekommen.

Danach offenbart Gott sich Israel als heiliger Gott auf dem brennenden Horeb, gibt Israel sein Gesetz mit den 10 Geboten und allen Ordnungen und Rechten. Jahwe will ihr Gott sein und Israel soll Jahwes Volk sein, dessen Gott Jahwe ist, und dessen Gesetz und Bund das Volk hält. Das Volk willigt ein – und begeht doch schon bei der nächstbesten Wartezeit auf Mose den ersten schlimmen Bundesbruch (2 Mose 19 – 31). Durch die Vermittlung von Mose wird das Volk vor der Vernichtung verschont. Und Gott fährt fort, seinem Volk durch Mose seine geistliche Bestimmung und Identität zu verleihen. Er gibt ihnen die Stiftshütte, die Opfer, den Priesterdienst und detaillierte Vorschriften zur Reinigung und Heiligung. Das ist die Vollausstattung für ihr geistliches Leben, alles was sie wissen, tun und beherzigen müssen, um das Volk Gottes zu sein und als Volk Gottes zu leben.

Nach diesen Geschehnissen wird jetzt von Gott sofort jedes Murren des Volkes und Einzelner konsequent bestraft. Sie haben nicht nur die Güte Gottes durch ihre Erlösung aus Ägypten und Jahwes Versorgung in der Wüste erlebt, sie haben Jahwe auch als heiligen Gott kennen gelernt, zu dem man sich besser nur durch einen Vermittler naht und der Sünden vergibt, aber auch konsequent ahndet. Und sie kennen sein ganzes Gesetz. Es wird nichts mehr hinzugefügt werden, bis zum Neuen Testament (2+3+4 Mose bis Kapitel 12).

Diese Phase lässt sich am besten mit dem menschlichen Erwachsen werden vergleichen und dem hinein gestellt Sein in alle Rechte und Pflichten eines Erwachsenen unter voller Eigenverantwortung.

Israel ist von Gott beschenkt mit Gottes reichem geistlichem Leben. Und Israel ist endgültig und voll in seine Verantwortung als Volk Gottes gestellt. Es kennt das ganze Wort Gottes und soll es tun. Israel soll erwachsen sein und erwachsen handeln.
Und genau jetzt erst erfolgt der Auftrag Jahwes, das verheißene Land einzunehmen, das er den Urvätern und Israel in Ägypten versprochen hatte. Da es kommt zur Katastrophe: Der Unglauben von 10 der 12 Botschafter steckt das Volk an, das sowieso zum Murren statt zum Glauben neigt. Israel vertraut Jahwe nicht, dass es die großen und starken Völker und befestigten Städte in Kanaan mit seiner Hilfe besiegen kann. Sie murren, weinen und wünschen sich nach Ägypten zurück. Sie gehorchen und glauben Gott nicht.

Da wird Gott zornig über sein Volk. Die 10 ungläubigen Kundschafter sterben. Alle Ungläubigen von 20 Jahren an und darüber werden in der Wüste sterben müssen. Nur Kaleb und Josua werden das verheißene Land sehen. Sie hatten Gott geglaubt und ermutigt, dass sie das Land mit Gottes Hilfe einnehmen können.

Das sind sehr ernste Folgen des Unglaubens und Ungehorsams Israels. Zwei Jahre nach dem Auszug aus Ägypten hatte Gott ihnen alles gezeigt, was er zu zeigen hatte und alles anvertraut, was er ihnen anvertrauen konnte. Das Volk hat seine volle Verantwortung – nicht – wahrgenommen, wie es sollte und konnte. Und Gott ist konsequent. Er lässt das Volk wie beim einem Erwachsenen mit aller Verantwortung die vollen Folgen ihres Handelns erfahren. Er gewährt ihnen keine Schonzeit mehr, keinen Kükenschutz, keine Jugendstrafe.

Diese Phase lässt sich am besten mit dem Zeitpunkt des erwachsen geworden Seins im menschlichen Leben vergleichen. Wir bekommen alle Rechte und unterliegen allen Pflichten. Und ein völliger Paradigmenwechsel hätte einhergehen sollen und können. Das Volk hätte für immer die Wüste hinter sich lassen sollen, die Wüste als Ort, wo sie als Kinder lernten und als Jugendliche heranwuchsen. Der ihnen für ihr Erwachsensein bestimmte Ort bleibt ihnen durch ihren Unglauben nun vorerst verwehrt. Es ist die Erfahrung eines gescheiterten Erwachsenwerdens. Israel muss, obwohl es von der Zeit her und von den von Gott anvertrauten Gaben her erwachsen sein sollte, weiter in seiner Kinderstube bleiben. Nun haben sie keine großen Möglichkeiten mehr, etwas für und mit Gott zu bewegen.

Jahwe gibt dem Volk erst zum Ende der 38 weiteren Jahre in der Wüste wieder eine neue Chance, als die ganze alte ungläubige Generation ausgestorben ist (Buch Josua). Das neu herangewachsene Volk ist gläubig. Unter Josua überschreiten sie den Jordan, vollziehen den Paradigmenwechsel und nehmen das verheißene Land erfolgreich ein. Sie sind geistlich erwachsen geworden und üben alle ihr Pflichten aus und erfahren, wie Gott alle seine Versprechen einlöst. Kein Wort, das Gott gesprochen hat, fällt dahin.

Aus der Sicht einer Ausbildung gesehen führt Gott sein Volk aus der Passivität in die volle Aktivität. Der Lehrling soll zum Meister werden. Die Wüste ist eine Testzeit. Am Ende muss stehen, dass Gott dem Volk Augen, Ohren, Verstand und ein neues Herz gibt, sonst kann es nicht so leben, wie es muss, um das verheißenen Land einzunehmen und darin wohnen zu bleiben. Nach 2 Jahren hätte Israel schon den Gesellenbrief bekommen können. Am Ende dauerte es 40 Jahre.

Insgesamt sehen wir, wie Gott mit dem Volk immer angepasst an ihren geistlichen Zustand und angemessen an ihr Wachstum begegnet. Zuerst schenkt Gott dem Volk bedingungslose Annahme. Mit zunehmenden geistlichen Alter und Erfahrungen mit Gott gibt und verlangt Gott mehr, ist aber immer noch sehr nachsichtig. Nach der Selbstoffenbarung Gottes und der vollkommenen geistlichen Ausrüstung gibt es keine Ausflüchte mehr: Jedes Handeln hat seine Konsequenzen. Gott geht mit seinem Volk wie mit einem Sohn um, den er erzieht.

Das Wachstum seines Volkes kennt 3 Stufen: Erlösung in Ägypten aus Ägypten, Erziehung in der Wüste, volles Erwachsenenalter im verheißenen Land. Das wirklich erwachsen gewordene Israel hat ständigen Sieg in Kanaan, solange sie Gott vertrauen und gehorchen.

Doch danach verdirbt sich Israel wieder in den kommenden Jahrhunderten. Sie fallen in eine trotzige und rebellische Kleinkindphase zurück. Bis auf wenige Ausnahmen versinken sie in Ungehorsam und Götzendienst.

Im Propheten Hesekiel greift Gott die Entwicklung Israels in der Zusammenfassung auf. Er gebraucht dabei das Bild eines neugeborenen Mädchens, das heranwächst und um das Jahwe im jungen Erwachsenenalter freit (nach Hes 16).

Israel wurde geboren und niemand kümmerte sich um es. Da lag es in seinem Blut, ungewaschen, nicht gereinigt, hilflos. Doch Gott nahm sich seiner an. Israel wurde von Gott gewaschen, gebadet und gereinigt und es wuchs heran. Als Israel eine junge heiratsfähige Frau geworden war, bekleidete Gott sie mit den köstlichsten Kleidern und schmückte sie mit dem herrlichsten Schmuck. Sie war eine wahre Königin in ihrer Schönheit, die Gott ihr verliehen hatte. Gott freite um sie, um sich mit ihr zu vermählen. Aber Israel wendete sich, verblendet von ihrer gottgeschenkten Schönheit und verführt durch ihren Eigenwillen von dem ab, der ihr nur Gutes tat. Sie verdarb sich und hurte mit allen möglichen anderen Liebhabern. Aber Gott, ihrem Verlobten, gab sie sich nicht hin. Nach all ihren Untaten wird Gott sie richten, wie man Ehebrecherinnen richtet. Jahwe wird sein Strafgericht an ihr vollziehen. Und wenn so Recht und Ordnung wiederhergestellt sind, wird er seinen Bund mit Israel aufrichten und sich mit ihr in Ewigkeit und in Treue vermählen.

 

Wachstum als Christ

Auch das christliche Leben wird in der Bibel mit dem Wachstum eines Menschen von der Geburt bis zur vollständigen Erwachsenenreife beschrieben.

Die Erkenntnis der Wahrheit Gottes und die damit einhergehende Buße und Umkehr läuten den Paradigmenwechsel im Leben eines unbekehrten Menschen ein.

Als Christen werden wir aus Sicht unserer geistlichen irdischen Eltern mittels des Evangeliums gezeugt (1 Kor 4, 15; Phl 1, 10; Jak 1, 18).

Aus unserer eigenen Sicht werden wir dabei neu geboren durch das lebendige Wort Gottes (1 Petr 1, 3+23), aus Wasser und Geist (Joh 3, 5) und aus Gott durch den Glauben an Jesus Christus (1 Joh 5, 1). Gott ist jetzt unser himmlische Vater geworden (1 Petr 1, 3).

Durch die Geburt aus Gott gab Gott uns das Recht, Kinder Gottes zu sein (Joh 1, 12). Unsere Kindschaft bezeugt uns der Geist Gottes (Röm 8, 16). Wir sind gereinigt, denn unsere Sünden sind uns vergeben. Das verbürgt uns sein Name. Wir kennen den Vater (1 Joh 2, 12-13).

Wenn wir als Christen versucht sind, doch noch einen eigenen Beitrag zu unserer Rettung zu leisten, ein „Christus und …“ gefährden wir unsere Kindschaft und Errettung. Christus genügt. Unsere irdisch geistlichen Eltern müssen dann erneut Geburtswehen um uns leiden, bis Christus in uns Kindern Gottes Gestalt gewinnt (Gal 4, 19).

Vertrauen wir aber Christus alleine, sind wir Kinder Gottes. Das wird daran deutlich, dass wir Gott kennen, ihm folgen und gehorchen (Joh 8, 39; 1 Joh 3, 10). In unserer Gesamtheit als Christen sind wir Kinder Gottes (Röm 8, 21).

Als Kinder Gottes werden wir idealerweise von unseren irdisch geistlichen Eltern ermahnt (1 Kor 4, 14; 2 Kor 6, 13). Als Neugeborene sollen wir alles Böse ablegen (1 Petr 1, 23). Wie es Neugeborenen entspricht, sollen wir nach der unverfälschten Milch des Wortes Gottes verlangen, damit wir durch sie heranwachsen zum Heil (1 Petr 2, 2).

Und doch sind wir am Anfang unseres Glaubenslebens noch unmündig in Christus. Das wird dann deutlich, wenn wir uns noch von unserer alten Natur, von unserem „Fleisch“ bestimmen lassen, und wenn Eifersucht, Zank und Zwietracht unter uns sind. Geistliche Reife wird sichtbar, wenn wir uns vom Geist bestimmen lassen (1 Kor 3, 1-4) und geistliche Früchte hervorbringen (Gal 5, 22).

Doch der noch fleischliche Christ, der Gottes Willen tun will, entdeckt, dass er (von alleine) dazu unfähig ist (Röm 7, 14-24). Doch Jesus hat ihn durch seinen Geist befähigt, im Kampf zwischen Fleisch und Geist als Sieger hervorzugehen (Röm 7, 25; 8, 2+13-14).

In seiner geistlichen Teenie- und junge Erwachsenenzeit soll und kann der Christ den Sieg über sein Fleisch und den Bösen erfahren und den Bösen durch seine gewonnene geistliche Stärke und das in ihm lebende Wort Gottes besiegen und überwinden (1 Joh 2, 13 + 14).

Und Gottes Ziel für seine Kinder geht noch weiter. Sie sollen im Glauben voll erwachsen werden, durch geübte Sinne und ein geschärftes Urteilsvermögen erlangen und zwischen Gut und Böse unterscheiden können (1 Kor 14, 20). Zum Erwachsenwerden gehört auch, abzutun, was zum Kindsein gehört (1 Kor 13, 11). Ein Erwachsener ist vollständig ausgewachsen und hat die notwendige Erkenntnis (Hebr 5, 14; 6, 1). Das ist Gottes Plan für sein ganzes Volk, nicht nur für einige wenige Einzelne. Wir alle sollen in unserem Glauben erwachsen werden, zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen und zum vollkommenen Mann werden, zum Maß der vollen Größe Christi. Wir sollen nicht mehr Unmündige sein, die umhergeworfen und herumgetrieben werden von jedem Wind der Lehre. Wir sollen wahrhaftig in der Liebe sein und heranwachsen in allen Stücken zu Jesus, der das Haupt ist. Er lässt alle Glieder seines Leibes – und damit sich selbst – wachsen und baut seinen Leib in Liebe auf (Eph 4, 13-16).

Wovon ist die geistliche Erwachsenenreife in unserem Glauben als Christen nun geprägt (siehe auch Teil 3, Kapitel Christus, der Vater und wir – Noch mehr Vollkommenheit)?

  • von einer tieferen Erkenntnis Gottes, als wir sie zu Beginn unseres Glaubenslebens hatten (1 Joh 2, 12+14)
  • von Wachsamkeit, Festigkeit im Glauben, Männlichkeit und Stärke
    (1 Kor 6, 13).
  • dadurch, dass alles in der Liebe geschieht (1 Kor 16, 13-14)
  • von dem steten Streben nach Gerechtigkeit, Ehrfurcht vor Gott, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Freundlichkeit (1 Tim 6, 11 N)
  • von der Vollkommenheit in der Feindesliebe, wie sie unserem Vater im Himmel zu eigen ist (Mt 5, 48)
  • vom Maß des vollen Wuchses der Fülle Christi (Eph 4, 13-14)
  • dass wir nicht mehr Unmündige sind (Eph 4, 13-14)
  • von unserer Vollkommenheit in Christus (Kol 1, 27-28)
  • von der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Böse (Hebr 5, 14)
  • davon, dass wir in unserer Rede nicht straucheln und unseren ganzen Leib unter Kontrolle halten können (Jak 3, 2)
  • von der vollkommenen Liebe, die die Furcht ausgetrieben hat (1 Joh 4, 18)
  • von vollendetem Ausharren (Jak 1, 4)

Das sind starke Aussagen; das ist eine volle Reife; das ist Gottes Programm für jedes seiner Kinder, schon in diesem Leben.

Doch dringen wir überhaupt je zu dieser Erwachsenenreife durch?

Denn auch das geistliche Leben als Christ kennt Wachstumsverzögerungen und -störungen:

Über die Galater entsetzt sich Paulus, ob er vielleicht vergeblich an ihnen gearbeitet hat. Er leidet abermals Geburtswehen um sie, bis Christus endlich in ihnen Gestalt gewonnen hat, sie endlich richtig und rettend glauben (Gal 4, 19).

Den Korinthern gegenüber klagt Paulus, dass sie noch immer fleischlich, statt geistlich sind und handeln, denn sie brauchen nach längerer Zeit immer noch Milch (1 Kor 3, 1-4).

Die Epheser ermutigt Paulus, den Dienst der verschiedenen Glieder im Leib Christi anzunehmen, damit sie nicht mehr Unmündige sind, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre (Eph 4, 14).

Der Hebräerbriefschreiber redet ein ernstes Wort mit den Hebräern: Der Zeit nach sollten sie längst selber Lehrer sein. Doch sie benötigen noch Milch und vertragen keine feste Speise (Hebr 5, 12). In dem Zusammenhang stellt er ihnen warnend vor Augen, dass wenn die Gnade Gottes kein Wachstum und keine Früchte in einem Leben hervorbringt, am Ende auch der Fluch, statt des Segens Gottes stehen könnte. Doch er ist bei ihnen trotz dieser Warnung doch vom besseren bei ihnen überzeugt (Hebr 6, 9). Er möchte aber, dass sie weiter himmelwärts gehen, im Glauben bleiben und wachsen und nicht nachlassen.

Wo ist der Christ, der ohne Verzögerung und Umwege ins geistliche Erwachsenenalter hineinwächst? Wer kommt in der Praxis dort je an? Merken wir nicht und sind wir uns nicht bewusst, dass es einen bewussten Übergang von unserer Kindschaft und Teenie-Zeit zum Erwachsenenalter braucht? Wir kennen inzwischen das Wort Gottes sehr gut. Wir wissen um alle seine Forderungen und alle seine Verheißungen. Wir haben auch uns selber immer besser kennen gelernt. Wir wissen um unsere Begrenzungen und kennen unser ständiges Scheitern. Wir leiden unter der Offenbarung des großen und heiligen Gesetzes Gottes, das wir doch trotz aller Anstrengung nicht voll, ja nicht ansatzweise einhalten können. Wir wissen instinktiv: Das Gesetz Gottes auszuleben wäre, ja das ist Erwachsensein im Glauben. Wir sollen, wir wollen vorwärtsgehen und dieses verheißene Land in Besitz nehmen. Doch unsere fleischlichen Feinde in uns schlagen uns zurück und bringen uns empfindliche Niederlagen bei. Immer und immer wieder versuchen wir es. Bis wir frustriert und am Ende unsere Kräfte aufgeben und uns apathisch in unser scheinbares Schicksal ergeben: das ewige Kindsein.

An sich ist Kindsein eine gute Sache, aber auf die Dauer ist es mit ewiger Unmündigkeit und Unfähigkeit verbunden. Wir wissen, wir ahnen: Das erwachsen Werden ist uns zu hoch, es muss uns von außen verliehen und zugesprochen werden. Wir müssen durch eine außerhalb von uns liegende Instanz und durch ein Gesetz zu Erwachsenen gemacht und mit allen Mündigkeitsrechten versehen werden. Dann erst werden wir erwachsen werden und erwachsen sein und befähigt sein, als Erwachsene zu handeln.

Und auch bei uns Christen können wir einen analogen Vergleich auf der Ausbildungsebene im Hinblick auf die Entwicklung unseres geistlichen Lebens ziehen.

Die Jünger gingen nach ihrer Berufung bei Jesus drei Jahre in die Lehre. Als die Zeit erfüllt war und sie im Glauben erwachsen und reif handeln sollten, versagten sie. Erst durch die Erfahrung der Auferstehung Christi und durch Pfingsten kam es bei ihnen zu dem dringend benötigten Paradigmenwechsel, bei dem sie ihren Gesellenbrief ausgehändigt bekamen und in ein neues Leben in der Kraft ihrer Ausbildung und Befähigung durch den Meister antreten konnten.

Insgesamt fällt bei allen Betrachtungen Israels, der Jünger und der Gemeinde auf: Die größte Herausforderung ist der Übergang vom Heranwachsen in der Erziehungs- und Ausbildungszeit hinein in den Erwachsenen- und Gesellenstand mit allen Rechten und Pflichten. Fast nie kommt es überhaupt oder störungslos oder ohne eine große Krise dazu – wenn es überhaupt je dazu kommt.

Israel musste beim ersten Versuch zuerst scheitern und weitere 38 Jahre in der Wüste wandern, bis der Unglauben und Ungehorsam im Volk ausgerottet war.

Die Jünger mussten erst an ihren eigenen Vorstellungen, Hoffnungen und ihrer eigenen Kraft zuschanden werden und alles nur noch alleine von Gott erwarten, bevor sie erwachsen wurden und ihren Gesellenbrief von Jesus bekommen konnten.

Und auch wir Kinder Gottes, die Gemeinde, leiden unter massiven Wachstumsstörungen. Kaum einer erreicht das im Neuen Testament gut definierte geistliche Erwachsenenalter. Hindern uns auch Unglaube und Ungehorsam und falsche Vorstellungen, falsche Hoffnungen und ein falsches Vertrauen auf die eigene Kraft am Durchbruch zum Erwachsenwerden, an der Aushändigung des Gesellenbriefes?

Wie kam es jeweils dann doch zur geistlichen Reife und zum Ausleben aller Rechte und Pflichten?

Aus Israel war der vorige Unglaube und Ungehorsam ausgerottet. Jetzt nahmen sie die Herausforderung an, das verheißene Land einzunehmen. Ihr Glaube war gewachsen und wurde durch jetzt nur noch zwei Kundschafter verstärkt, dass Gott Ihnen das Land gegeben hatte und alle Feinde vor ihnen ausrotten würde. Auf diesem Vertrauen bauten folgende Glaubensschritte auf: Heiligung, Durchzug durch den Jordan und – erneute – Beschneidung. Dann war Israel bereit und erwachsen. Nicht durch Wachstum, sondern durch einen Glaubensschritt im Gehorsam. So lange, wie sie Gott in allem völlig vertrauten und gehorchten, hatten sie Sieg. Sündigten sie gegen die Gebote Gottes, fielen sie in ihr altes Leben der eigenen Kraftlosigkeit und Niederlage zurück.

Die Jünger Jesu hatten eine volle Ausbildung von drei Jahren unter dem Vorbild und der Anleitung Jesu genossen. Aber sie waren unfähig, sie umzusetzen, als es darauf ankam. Nachdem sie an ihren eigenen Möglichkeiten gescheitert waren, brauchten sie erst die Auferstehungserfahrung Jesu in ihrem Leben. Jesus gab ihnen dieses neue Leben und beauftragte sie neu (Joh 20, 21). Aber immer noch waren sie Zweifeln unterlegen (Mt 28, 17), hatten Furcht (Lk 24, 36-40) und waren noch nicht bereit für das Werk, das Christus ihnen aufgetragen hatte. Erst durch die Taufe mit dem Heiligen Geist und mit Feuer als punktuellem Ereignis wurden sie von Gott dazu befähigt, das in ihrer Heranwachsens- und Lehrzeit Gelernte auch anzuwenden. Sie wuchsen nicht in ihr Erwachsen werden hinein, sie wurden von einem Augenblick in den andern hineinkatapultiert. Dann erlebten sie den Sieg Gottes, so lange sie ihm gehorchten (Apg 5, 32). Aber auch sie konnten fallen (Gal 2, 11-14) und mussten dann umkehren und Buße tun.

Und wie ist es mit uns als Gemeinde? Das Erwachsensein im Glauben mit allem was dazugehört ist Gottes Ziel: Völlige Liebe, unsere Festigkeit in Christus und im Glauben und in der Lehre, unsere Flucht vor allem Bösen, Selbst- und Rede-Beherrschung und ein vollkommenes Werk der Geduld, einhergehend mit völligem Sieg in allen Bereichen (1 Kor 14, 20; Eph 4, 13; Jak 1, 4; 3, 2; Hebr 5, 13-14, 6, 1). Können wir da hineinwachsen? Ja, aber nur teilweise sagt das Neue Testament. Am Ende steht wie bei den Jüngern im ein besonderes Handeln Gottes, eine tiefere Erkenntnis Christi, eine Beschneidung, eine vertiefte Innwohnung Christi, völlige Reinigung und völlige Heiligung, der freimütige Eintritt ins Allerheiligste.

Bei vielen indigenen Völkern wird man nicht einfach durch das Erreichen einer Altersgrenze erwachsen. Die jungen Menschen müssen einen Ritus durchlaufen, eine Mutprobe, eine Prüfung, einen Test, die sie bestehen müssen, bevor sie gewürdigt werden, die Erwachsenen-Ehre zugesprochen zu bekommen. Und erst nach der bestandenen Prüfung werden ihnen auch alle Rechte und Pflichten in ihrer Volksgruppe zugesprochen.

Und so geht geistliches Erwachsenwerden bei Gott auch nur durch eine besondere Erfahrung, durch einen Ritus und durch ein punktuelles Handeln Gottes.

Bestätigt das die Bibel?

Sehen wir uns einige Beispiele an.

Zu Abraham sagt Gott nach seiner Rechtfertigung und nach vielen Jahren der Nachfolge: Wandle vor mir und sei vollkommen (1 Mose 17, 1) und die darauffolgende Prüfung verlangt Abraham mit dem Opfer Isaaks alles ab.

Der 12-jährige Isaak selbst ließ sich opfern und rannte seinem 99-jährigen Vater Abraham nicht davon. Dieser Glaubens- und Gehorsamsschritt katapultierte ihn ins geistliche Erwachsenenalter.

Jakob war körperlich schon lange ein ganzer Mann. Aber erst bei seinem Kampf mit Gott am Jabbok wurde er geistlich zum Mann.

Hosea 12, 4-5 N
Im Mutterleib hat er [Jakob] seinen Bruder betrogen und in seiner Manneskraft mit Gott gekämpft. Er kämpfte mit dem Engel und war überlegen. Er weinte und flehte ihn um Gnade an.

Unser Herr selbst durfte als Mensch in der Familie von Josef und Maria heranwachsen und gleichzeitig geistlich in der Gnade bei Gott und Menschen heranwachsen (Lk 2, 40). Vor seinem eigentlichen Dienstbeginn hatte Gott der Vater jedoch noch die besondere Ausbildung und Prüfung in der Wüste für seinen Sohn Jesus vorgesehen. Dort lernte er 40 Tage unter Versuchungen bis zum Äußersten ganz Gottes Willen zu tun. Dann erst war Jesus bereit, dem Vater und Israel öffentlich zu dienen. Es war die Initiierung Jesu zum geistlichen Erwachsensein durch den Vater, der alle Pflichten, Rechte und Möglichkeiten folgten. Und es war eine punktuelle Krisenerfahrung, ein Test der Jesus alles abverlangte und den er bestehen musste, bevor der Vater ihm mit dem Dienst in der Öffentlichkeit und allen Rechten und aller Vollmacht dazu ausstatten konnte.

Die Parallele zu Israels Versuchungszeit in der Wüste ist frappierend. Die 40 Jahre – sind keine zufällige Parallele zum Dienst von Christus. Der Umrechnungsfaktor 1 Jahr im Leben eines Volkes gegen 1 Tag im Leben eines Menschen ist bei Gott Gang und gäbe (4 Mose, 14, 34; Hes 4, 5-6). Und nach den 40 Jahren in der Wüste besteht Israel endlich die Aufnahmeprüfung und ist für die Eroberung Kanaans bereit, so wie Jesus nach 40 Tagen bestandener Prüfung in der Wüste. Die Bedingung ist, nach 40 Jahren oder Tagen völlig überwunden zu haben und absolut bereit dazu zu sein, nur noch Gottes Willen tun zu wollen.

Und so wie Israel im verheißenen Land weiterkämpfen und gehorchen lernte, lernte selbst Jesu in seinem vollkommenen Dienst am Ende noch mehr Gehorsam, ja Gehorsam bis zum Tode am Kreuz (Hebr 5, 8). Es gibt auch nach dem Eintritt ins Erwachsenenalter kein Ende des Lernens und des Wachstums bei Gott. Gott ist der Erfinder des lifelong Learning.

Im Ergebnis halten wir fest: Gott erzieht sein Volk. Von der ersten bedingungslosen Annahme, über erste Lernerfahrungen, hin zu größerer Verantwortung, bis hin zum völligen Erwachsenwerden mit allen Rechten und Pflichten. Doch niemand wird geistlich einfach so oder durch Wachstum erwachsen. Die Erwachsenenreife erhalten wir nur durch eine erfolgreich abgelegte Prüfung – unsere völlige Hingabe an Gott – und durch Gottes besonderes Handeln, der uns die Erwachsenenwürde zuspricht und mit allen Rechten, Befähigungen und Pflichten dafür ausstattet. Erst dann sind wir in vollem Sinne erwachsen und haben den ersten Ausbildungsabschnitt so erfolgreich bewältigt, dass wir den Gesellenbrief ausgehändigt bekommen.

 

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