Matthäus

© Heino Weidmann Hat Gott wirklich? gesagt – 95ThesenTeil2.de zu deinem Sieg über die Sünde durch Jesus Christus, Teil 2  Das Neue Testament – Einzelbuchbetrachtungen – Matthäus, epubli.de, 2021.

Matthäus

Das Neue Testament beginnt mit dem Kommen Jesu Christi. Eine neue Heilszeit bricht an. Jesus wird in allen Evangelien und so auch bei Matthäus als der angekündigt,

Mt 3, 11 E
der euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen wird.

Allen Gläubigen ist jetzt der Empfang des Heiligen Geistes verheißen. Die im Alten Testament gegebenen Verheißungen der Ausgießung des Heiligen Geistes sollen sich jetzt erfüllen (Hes 36, 26, Joel 2, 28; …).

Hier bei Matthäus wird die Verheißung des Geistes auf Jesus als den Erfüller und das Hier und Jetzt bezogen. Ohne den Bezug zu den alttestamentlichen Stellen bleibt dem Leser der nähere Hintergrund verborgen. Aber es wird schon deutlich, dass hier etwas ganz Neues zugesagt wird. Dieses Neue wird das ganze Leben der Gläubigen verändern und bestimmen. Und der Zweiklang ist bemerkenswert: „mit Heiligem Geist und Feuer“. Im Heiligen Geist kommt Gott selbst zu den Gläubigen. Und Feuer steht für die Heiligkeit Gottes, die Sünder verzehrt. Nur begnadete Sünder können in der Gegenwart und dem Feuer Gottes bestehen. In der neuen Heilszeit können sie sogar mit dem Feuer der Heiligkeit Gottes getauft werden. In Bezug auf ein mögliches oder nicht mögliches heiliges Leben ist die Taufe mit dem Heiligen Geist und mit Feuer von größter Bedeutung für jeden Gläubigen. Denn kein Mensch ist an sich heilig oder lebt heilig. Heiligkeit ist eine Eigenschaft, die alleine Gott vorbehalten ist. Und doch wird hier verheißen, dass Gott mit seiner Heiligkeit auf die Gläubigen des Neuen Bundes kommt und sie mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen wird. Wenn überhaupt etwas, dann kann uns diese Zusage Gottes Hoffnung geben.

Die Bergpredigt (Mt 5-7)

Mt 5, 8 E
Glückselig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.

Es ist möglich, ein reines Herz zu haben. Jesus preist die glückselig, die es haben. Ist das Herz eines jeden wiedergeborenen Christen von dem Augenblick seiner Wiedergeburt aber an völlig rein? Wenn ja, würden keine bösen Gedanken und keine bösen Motive und Regungen mehr darin wohnen. Dann müssten und würden alle Christen rein und heilig leben. Entspricht das der Realität? Sie lehrt uns leider etwas Anderes. Nach der gängigen Theologie ist doch gerade das (immer noch) böse Herz auch der Christen die Ursache dafür, dass sie weiter bis zu ihrem Tod sündigen. Durch die Gnade Gottes sündigen wir vielleicht immer weniger. Aber wir sind und bleiben elende sündigende Kreaturen. Und doch preist Jesus hier die glückselig, die ein reines Herz haben. Es kann also eine wunderbare Verwandlung unseres Herzens stattfinden. Dann sind wir glückselig.

Mt 5, 48 E
Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Wir sollen so vollkommen sein wie Gott. Ein unglaublicher Anspruch, vor dem jeder Mensch instinktiv zurückschreckt und schaudert. Vollkommen ist alleine Gott. Wie kann Jesus das gemeint haben? Wenn wir den Vers in seinem Kontext lesen, merken wir: Es geht Jesus nicht um menschliche Fehlerfreiheit in diesem Abschnitt der Bergpredigt, sondern um unsere Liebe, insbesondere um unsere Feindesliebe. Liebe bis zum Äußersten wird uns von Jesus aufgetragen – und muss daher möglich sein. Dabei klingt hier schon in besonderer Weise das Einssein mit Gott dem Vater an: „wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“. Im Hinblick auf die Feindesliebe soll kein Unterschied zwischen der Liebe des himmlischen Vaters und der Liebe seiner Kinder bestehen. Wir sollen in unserer Liebesfähigkeit wesenseins mit Gott dem Vater sein. Unmöglich? Es ist uns sogar von Jesus befohlen. Und wir denken in unserer eigenen Hilflosigkeit an die verheißene Taufe mit dem Heiligen Geist und mit Feuer zurück. Macht sie uns wesenseins mit Gott und damit fähig, unsere Feinde so zu lieben, wie Gott es tut?

Mt 5, 13 S
Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade wird, womit soll es wieder salzig gemacht werden? Es taugt zu nichts mehr, als dass es hinausgeworfen und von den Leuten zertreten werde.

Ein spürbares und wirksames Leben (Salz) erreicht die Menschen. Bedeutungslosigkeit, Kraftlosigkeit (keine Salzkraft) führt dazu, weggeschüttet und von den Leuten zertreten zu werden. Salzkraft ist uns zu Beginn unserer Nachfolge Christi gegeben. Behalten wir sie oder werden wir fade? Jesus will, dass unser Leben Auswirkung auf unsere Umwelt hat. Und dieses Potenzial hat er in unser Leben als Jünger gelegt.

Nun sehen wir uns das Vaterunser an, DAS Gebet, das Jesus seine Jünger lehrte. Es ist bestimmt herausfordernd, es neutral zu betrachten, so als würden wir es zum ersten Mal lesen. Allzu leicht wird unsere ganze Erziehung, unsere christliche Sozialisation und was wir selbst im Glauben erlebt haben, unser Verständnis von diesem Gebet Jesu beeinflussen. Aber stellen wir uns einmal vor: Jemand, der vorher noch nie etwas von Jesus und dem Glauben gehört hat, hört dieses Gebet zum ersten Mal. Er wird es mit völlig unvoreingenommen Augen sehen und betrachten. Wie würde er es verstehen?

Mt 6, 9 L
Unser Vater in dem Himmel!

Wie schön, dass wir in einer Familien- und Liebesbeziehung zum allmächtigen Gott stehen dürfen, der durch Jesus Christus unser Vater ist. Alles was jetzt kommt, atmet die Süße der Gemeinschaft, des Wohlwollens und der Vertrautheit mit Gott und den Glaubensgeschwistern.

Mt 6, 9-13 S
Geheiligt werde dein Name.

Diese Bitte ist allgemein formuliert. Wie soll das geschehen? Gott kann souverän Dinge in dieser Welt geschehen lassen, in der Geschichte, in der Natur und im Universum, durch die sein Name geheiligt wird. Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite wird Gottes Name entweder durch das Leben der Christen geheiligt oder nicht. Gott bekommt Ehre oder Unehre durch sein Volk. Das zeigen unsere Untersuchungen im Alten Testament ganz klar. Eine heilige Lebensführung des Volkes Gottes ehrt Gott und zeigt der Welt, wie Gott ist. Daher will der Vater im Himmel, dass wir darum beten, dass sein Name – durch unsere heilige Lebensführung – geheiligt wird.

Mt 6, 10 S
Es komme dein Reich.
Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden.

Das Reich Gottes besteht aus erlösten Menschen, die Gott kennen und ihm gehorchen. Wie sehr können und sollen wir als Volk Gottes den Willen Gottes tun? Das ist die entscheidende Frage. Im Himmel geschieht Gottes Wille vollkommen (Ps 103, 20+21). Die Engel, die Gottes Willen nicht tun, wurden aus seiner Gegenwart verstoßen (Hes 28, 14-16; Jud 1, 6). Der Idealzustand auf der Erde wird durch die Formulierung wie im Himmel beschrieben. Auf der Erde ist dies anscheinend noch nicht der Fall. Deshalb sollen wir darum beten. Mit dem erklärten Ziel, das Gottes Wille auf der Erde wie im Himmel geschieht, also während wir noch als Menschen leben. Wir sollen also die Vollkommenheit des Himmels auf die Erde herunterbeten. – Angesichts der überragenden Herrlichkeit Gottes gibt es im Himmel bei den Engeln keine andere Wahl, als Gott völlig zu gehorchen, ohne von Gott abzufallen. Und dieser Gehorsam Gott gegenüber soll ganz auf der Erde ausgeübt werden – von allen Wesen, die bewusst Gottes Willen tun können. Das sind also wir Menschen, und zwar alle Menschen, beginnend mit den Menschen im Reich des Vaters. Und über sie hinaus soll der Gehorsam gegenüber Gott auf die ganze Erde ausdehnen. Und das schon in diesem Leben hier auf dieser Erde. Das ist Gottes Programm für die Erde. Und kein unwahrscheinliches Szenario, wenn wir uns die vielen Stellen im Alten Testament zur Aufrichtung der Königsherrschaft Gottes über Israel, Gottes Wunder an Israel und ihren Herzen, und Gottes Gericht über die Völker verinnerlichen, die alle sowohl Israel und die Welt völlig läutern werden und die Erde mit der Erkenntnis der Herrlichkeit des Herrn füllen werden, so wie die Ozeane den Meeresboden bedecken. Ja, im wiederhergestellten Israel wird niemand mehr auf dem Berg Gottes Sünde tun (Jes 11,9), eben wie im Himmel.

In der Schlussfolgerung kann der Wille Gottes auf Erden so vollkommen geschehen, wie im Himmel. Wenn schon in Israel im Neuen Bund, wieviel mehr unter den Kinder Gottes in seinem Reich.

Die ersten drei Bitten im Vaterunser lehren uns also darum zu bitten, zu hoffen und zu glauben, dass Gottes heiliger Wille auf der Erde geschehen kann, also auch durch uns. Wir Christen dienen als Beispiel und Herausforderung für die ganze Welt.

Mt 6, 11 L
Und vergib uns unsere Schuld.

Hier ist ein klares Gegenargument gegen menschliche Heiligkeit. Es wird also eingeräumt und vorausgesetzt: Wir als Menschen, Kinder Gottes und Nachfolger Christi haben ein Schuldproblem. Und diese Schuld muss und darf immer wieder vergeben werden. Denn Jesus lehrt uns im Vaterunser die Prinzipien, wie wir grundsätzlich beten können. Die wichtige Bitte um Vergebung im Vaterunser KANN daher durchaus bedeuten, dass wir dauernd und immer wieder schuldig werden. Und wir können so froh sein, dass es dieses Gebet gibt. Wir können gewiss sein, dass Gott diese unsere Bitte erhört. Das ist lebenswichtig in unserer Beziehung zu ihm. Und doch – zumindest steht es nicht so im Text – wird kein Grad an Gesetzmäßigkeit aufgestellt, ob und wie sehr es zur Schuld kommen kann oder muss. Gott rechnet grundsätzlich mit unserer Schuld und hat wunderbare Vorsorge getroffen, sie aus Gnade zu vergeben. Doch durch dieses Gebet wird niemand unwiderruflich festgelegt immer – wieder – schuldig an Gott werden zu müssen. Ja Gott will gerade nicht, dass wir schuldig an ihm werden. Das lehrt er an vielen, ja den meisten Stellen im Vaterunser. Wir sollen genau dafür beten, vor Schuld bewahrt zu werden. Und so dankbar und glaubensvoll, wie wir das Gebet um Vergebung für uns sprechen, dürfen wir auch für die anderen Gebete beten. Gottes Wille soll ja auf Erden wie im Himmel geschehen, also ständig und ohne Unterbrechung. Darum beten wir eben auch. Glauben wir das auch? Wenn wir daran glauben, dass Gott unser Gebet wirklich hört, dass sein Wille auch in meinem Leben geschieht, wie er im Himmel geschieht, dann ist auch ein Leben möglich, bei dem wir nicht ständig Schuld auf uns laden. Dieser Gedanke wird durch die folgende Bitte bestätigt und verstärkt.

Mt 6, 13 L+F
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Jesus lehrt uns direkt nach der Klärung unserer Schuldfrage beten, dass der Vater uns NICHT in Versuchung führen möge, wir also vor weiterer Schuld bewahrt werden. Kann dieses Gebet erhört werden? Sind wir so unvoreingenommen, dass wir glauben, dass es erhört wird oder erhört werden kann? Oder haben wir uns aus unserer Erfahrung – nicht aus dem Wort Gottes – dafür entschieden zu glauben, dass die Bitte um Bewahrung vor der Versuchung nicht erhört werden kann?

In Bezug auf die Bitte um Erlösung von dem Bösen kommt es aber auch darauf an, was genau gemeint ist. Folgende Möglichkeiten sind vorstellbar:

  1. Wenn Jesus wiederkommt wird er das Böse beseitigen.
    Dann hat diese Bitte nichts mit unserem augenblicklichen Zustand zu tun, sondern mit Gottes zukünftigen Sieg, wenn er diese Welt vom Bösen befreien wird. Dafür beten wir natürlich gerne. Und wenn es hier nur um die zukünftige Befreiung vom Bösen geht, dann würde uns Jesus lehren, für unseren baldigen Tod zu beten, damit wir auf diese Weise dem Übel der Versuchungen zur Sünde entkommen. Das ist kein naheliegender Gedanke aus dem ganzen Kontext und auch keiner, der Jesus als Retter von der Sünde würdig ist. Aber wer so auslegen will, kann das bei allen damit entstehenden Fragen und Schwierigkeiten gerne tun.
  2. Es geht um unsere Erlösung vom Bösen hier und jetzt.
    Für diese Sicht spricht, dass die erbetene Erlösung direkt als Gegensatz zu führe uns nicht in Versuchung, als Alternative genannt wird. Anstelle in Versuchung geführt zu werden und zu fallen, sollen wir von dem Bösen erlöst werden. Es geht also mindestens darum, dass Gott uns auch jetzt hilft, während wir noch Versuchungen ausgesetzt sind, die es in der künftigen Welt nicht mehr geben wird. Und Erlösung im Sinne Gottes ist sicherlich eine richtige Erlösung, die los macht von allem, worin wir verstrickt oder gebunden sind. Denn ihm gehören das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit nicht nur in Ewigkeit, sondern jetzt schon. Denn wir beten deine Reich komme, dein Wille geschehe. Wenn diese Sicht stimmt, dann können wir jetzt vom Bösen erlöst werden. Und wenn wir vom Bösen erlöst werden, dann hat es keine Macht mehr über uns. Und dann können wir folgerichtig Gottes Willen tun.

Aber da man diesen Vers so oder so sehen kann, kann die Auslegung gerne offenbleiben.

Es bleibt, dass wir darum beten und damit rechnen können, dass Jesus uns in Versuchungen bewahrt. Und zu unserer Ermutigung, dass er das auch kann, fügt Jesus alle wunderbaren Eigenschaften des Vaters an, die das möglich machen. Ihm gehört das Reich. In Gottes Reich herrscht Gott, nicht die Sünde. Und Gott wirkt in seinem Reich. Das tut er durch seine Kraft, die unermesslich ist. Und durch seine Herrlichkeit, vor der nichts und niemand standhalten kann. Das ist jetzt und in diesem Leben und in alle Ewigkeit so. Das Amen schließlich bestärkt alles Gesagte und stellt es in den Raum der Möglichkeiten Gottes.

Jesus lehrt uns also das ganz starke Vertrauen auf den Vater, dass wir durch seine Gnade, Kraft und Herrlichkeit in unseren Versuchungen bewahrt werden und Gottes Willen tun können. Wenn es nicht gelingt, ist die Vergebung da, Gott sei Dank, die Bereitschaft Gottes zur Vergebung ist immer da. Aber die Gesamterwartung im Vaterunser ist, dass es uns als seinen Kindern möglich und geboten ist, Gottes Willen hier auf dieser Erde so wie im Himmel zu tun und in unseren Versuchungen bewahrt zu bleiben. So würde es ein Neubekehrter, der nichts von einem Gesetz der Sünde weiß, verstehen.

Mt 6, 21-23 S
Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein. Das Auge ist des Leibes Leuchte. Wenn nun dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Wenn aber dein Auge verdorben ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Das, was uns am wichtigsten ist, ist die Triebfeder unseres Herzens und unserer Motive. In dieser Passage werden von Jesus zwei Extrempunkte beschrieben. Ganz hell, also ohne Verdunkelung und ohne Verunreinigung. Und ganz finster, ohne jedes Licht. Jesus lässt keinen Raum für Grauzonen. Natürlich gibt es die Finsternis. Und auch wenn es sie in noch so schlimmen Dimensionen gibt, so ist doch der Extrempunkt ganz licht möglich und ausdrücklich Gottes Wille.

Interessant ist, dass der Idealzustand hier nicht durch Werke eigener Anstrengung, sondern durch unsere richtige Wahl des Herren (Gott) und durch unsere Sehfähigkeit bestimmt wird. Für die werden wir von Gott verantwortlich gemacht. Damit unser ganzer Leib Licht ist, müssen wir komplett und ausschließlich auf Gott schauen und brauchen ein lauteres Auge. Und das klingt schon fast wie das reine Herz aus Mt 5, 8. Und in der Tat, Jesus verknüpft hier praktisch austauschbar Herz und Auge miteinander (Schatz – Herz – Auge). Das, was wir mit unseren inneren Augen ansehen, bestimmt und verändert und prägt unser Herz. Und Jesus bestätigt, dass unser Auge ganz lauter und unser Leib ganz hell sein kann ohne jeden Schatten. Dafür müssen wir mit unseren inneren Augen ganz und ausschließlich auf Gott sehen.

Die Frage ist: Geschieht das bei unserer Bekehrung oder erst danach? Jesus redet in seiner Bergpredigt zu seinen Jüngern, die schon seine Jünger sind. Sie sollen das umsetzen, was Jesus sagt. Und dazu gehört, dass unser Herzensschatz GANZ IM HIMMEL ist. Wenn wir uns selber und alle Christen aller Jahrhunderte ansehen, wird deutlich, dass dies nicht unbedingt die selbstverständlichste Start- oder Dauerposition jedes Christen ist – leider. Damit wird der Zustand „Auge ganz lauter“ und „Leib ganz licht“ erst später im christlichen Leben erreicht. Und wie auch immer das geschieht: Der Zustand ist „ganz“ so, wie er sein soll. Da fehlt nicht nichts mehr. Mehr geht nicht. Gott kann unser einziger und größter Schatz sein und wir ganz lauter und licht.

Mt 7, 11 N
So schlecht wie ihr seid, wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten.

Hier wird klar von Jesus gelehrt, dass wir schlecht SIND. Das ist der Zustand aller Menschen und auch der frommen Hörer Jesu. Diese Diagnose Jesu ist allumfassend und umfasst alle Menschen und auch seine Jünger in diesem Text. Der Mensch – wir Menschen – sind von Natur aus schlecht. Welche Chancen hat dann ein Schlechter und Böser, Gottes Willen zu tun? Wenn es bei Matthäus keine anderen Stellen gäbe, wäre dies ein starkes Argument für jeden, der dieses Evangelium liest, sich zu fragen, ob überhaupt jemand die Chance hat, Gutes zu tun oder gut zu werden oder zu sein.
Damit spricht dieser Vers für sich alleine betrachtet deutlich gegen die Möglichkeit, Gottes Willen ganz zu tun.

Allerdings redet Jesus bei Matthäus an anderen Stellen auch von guten Menschen (Mt3, 10; 7, 18; 12, 35) und stellt sie in den Kontrast zu bösen Menschen. An dieser Stelle hier kann also nur eine Bestandsaufnahme gemeint sein, wie es ist. Alle Menschen sind böse. Aber in dem Himmel kommen nach Jesus und Johannes dem Täufer nur die Guten (Mt 3, 10; 12, 33). Und das sind im Matthäusevangelium zwar nach Mt 13, 38 die, die Kinder des Reiches sind, aber nach der Mehrzahl der Stellen bei Matthäus sind die Guten die, die den Willen Gottes tun, obwohl sie von Natur aus böse sein mögen (Mt 3, 10; 5,45; 7, 17-19; 12, 33; 13, 38; 22,10).

Auf der anderen Seite sagt Jesus ganz klar, dass nur einer gut ist, Gott (Mt 19,17). Da bleibt die Frage offen, inwieweit wir doch gut sein, gut werden und den Willen Gottes tun können. Wir sehen uns in der Spannung, böse zu sein und dass nur Gott gut ist. Und doch geht Jesus davon aus, dass wir in diesem Zustand auf eine nicht näher erklärte Weise den Willen Gottes tun und von ihm gut genannt werden können. In der Bergpredigt setzt Jesus da sehr hohe Maßstäbe an unser Gutsein an, ja will sogar, dass wir so vollkommen sind wie unser Vater im Himmel selbst (Mt 5,48).

Auch wenn der Gedankensprung an dieser Stelle gewagt erscheint: Letztlich kann uns nach den Mitteln Gottes, die uns im Matthäusevangelium vorgestellt werden, nur die Taufe mit dem Heiligen Geist und Feuer verändern. Nur wenn Gott selbst als alleiniger Gute in uns wohnt, können wir potenziell gut werden. Nur dann passen diese verschiedenen Aussagen Jesu zusammen.

Und wir können dankbar sein, dass der Vater uns unsere Schuld vergibt, wie wir auch unseren Schuldigern. Ohne diese Gnade wären wir alle verloren.

Jesus sagt zum Abschluss der Bergpredigt, dass es nicht nur eine enge Tür gibt, sondern auch einen schmalen Weg. Und den müssen wir trotz des Durchschreitens der Anfangstür der Rettung und der Rechtfertigung im Glauben gehen.

Mt 7, 14 N
Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der ins Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden!

Es ist schwer möglich, die Bergpredigt als Ganzes als bloßes Ideal und nicht als und von Jesus verbindlich gegeben darzustellen. Jesus sagt dazu: Wer nach der Bergpredigt lebt, ist ein guter Baum, der gute Früchte bringt, wer sie nicht lebt, ist ein fauler Baum, der abgehauen und ins Feuer geworfen wird.

Jesus stellt das Prinzip auf. An den Früchten wird der Baum erkannt, unser wahrer Herzenszustand. Und Früchte können wir nur bringen als Antwort auf die Worte Jesu hin.

Mt 12, 33-35 N
Wenn ein Baum gut ist, sind auch seine Früchte gut, ist er schlecht, sind auch seine Früchte schlecht. An den Früchten erkennt man den Baum. Ihr Giftschlangenbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, wenn ihr böse seid? Denn aus dem Mund kommt das, was das Herz erfüllt.

Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil er mit Gutem erfüllt ist. Ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil er Böses in sich hat.

Hier wird böse und gut von Jesus erklärt. Es entspringt dem Herzen. Und auch wenn hier noch kein paulinisches Konzept von Gerechtigkeit aufgeführt ist, ist aus dem Kontext des Alten Testamentes klar, dass die Guten, bzw. die Gerechten die sind, die sich grundsätzlich nach Gottes Geboten richten und für Gott leben, ohne dabei unbedingt vollkommen zu sein. Der weitergehende Anspruch der Vollkommenheit, die sich in Feindesliebe äußert, wurde allerdings von Jesus als Anspruch an seine Jünger in der Bergpredigt eingeführt (Mt 5,48).

Bei Jesus geht es um alles oder nichts. Es geht darum, Jesus mehr zu lieben, als jede andere menschliche Beziehung und sogar als sein eigenes Leben, bis dahin, dass man um Jesu Willen sein Leben verliert und sein persönliches Kreuz auf sich nimmt.

Mt 10, 37-39 E + 16, 24-25 E
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig. Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.

Aber die, die sich Jesus so übergeben, werden nicht alleine gelassen.

Mt 11, 28-30 E
Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.

Die Hilfe liegt im Kommen zu Jesus und im von ihm Lernen.

Dann sehen wir auch mit Freude: Jesus vergibt Sünden und setzt damit den Anfangspunkt des Lebens mit ihm.

Mt 9, 6 N
Doch ihr sollt wissen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben. Damit wandte er sich zu dem Gelähmten und befahl ihm. “Steh auf, nimm deine Matte, und geh nach Hause.”

Darüber hinaus heilte Jesus Aussätzige (Mt 8, 1-4), Gelähmte (Mt 8, 5-13; 9, 1-8), eine Fieberkranke (Mt 8, 14-17), Blinde (Mt 8, 27-32; 9, 27-31; 20, 29-34), Besessene (Mt 8, 28-34; 9, 32-34; 12, 22; 15, 21-28; 17,14-23), eine blutflüssige Frau (Mt 9, 18-26). Er speiste die 5000 und die 4000 (Mt 14, 14-21; 15, 29-39). Jesus ging auf dem See (Mt 14, 22-33), er weckte ein totes Mädchen auf (Mt 9, 23-26), gab seinen Jüngern Vollmacht über böse Geister und jede Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen (Mt 10, 1).

Auch wenn ich hier die Wunder Jesu nur erwähne, machen sie doch etwa ein Viertel des Matthäusevangeliums aus. Dazu wird von zahllosen weiteren Wundern berichtet, die Jesus allgemein tat und die hier nicht weiter ausgeführt sind.

Dem Hörer und Leser heute stellt sich die gleiche Frage, wie den Hörern und Lesern damals.

Mt 8, 27 S+F
Wer ist der, dass ihm auch … gehorsam sind!

Wenn Jesus den Körper und den Geist heilen kann, jedes Gebrechen, jede Krankheit, wenn Jesus den Satan samt seinen Dämonen in jeder nur denkbaren Form aus überwältigten Menschen austreibt: Sollte er dann nicht zugleich auch in der Lage sein, die Folgen des Wirkens des Vaters des Bösen an uns Menschen zu beseitigen? Sollen wir wirklich meinen und sagen, dass Jesus Schuld vergeben und jede Krankheit und jedes Gebrechen heilen kann, uns aber nicht von unserer Sündenkrankheit heilen und befreien kann? Bei Matthäus lesen wir nichts von solcher Hoffnungslosigkeit, sondern wir lesen vom Auftrag und der Hoffnung, so zu werden wie Jesus und wie Gott selber.

Mt 5, 48 S
Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer himmlischer Vater vollkommen ist!

Matthäus macht eindeutig Jüngerschaft am gehorsamen Tun des Wortes Gottes fest. In der Bergpredigt und auch an anderen Stellen.

Mt 12, 50 S
Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter!

So wird jeder, der zum ersten Mal die Worte Jesu bei Matthäus hört, davon ausgehen, dass es sein Auftrag und auch möglich ist, Gottes Willen zu tun.

Nachdem das auf der einen Seite so klar scheint, sehen wir hier nun eines der wichtigsten Gegenargumente, Gottes Willen tun zu können.

Mt 15, 19+20 S
Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen. Das ist’s, was den Menschen verunreinigt.

Hier klingen Seiten der sogenannten Ursünde an, auch wenn dieses Wort kein biblischer Begriff ist. Dies ist eine Bestandsaufnahme. Und keine Zukunftsprognose. Das Böse, das aus dem Herzen hervorgeht, wird mit Unreinheit gleichgesetzt, die aus dem Herzen entspringt. Das Herz des Menschen ist von Natur aus unrein. Sind wir diesem unreinen Herzen und bösen Gedanken hilflos ausgeliefert?

Jesus spricht von ganz anderen Möglichkeiten in der Bergpredigt.

Mt 5, 8 S
Selig sind, die reinen Herzens sind.

Ein reines Herz zu haben ist nach Jesus möglich – wie auch immer das zugehen mag.

Und bei Matthäus ist nie von einem nur angerechneten Zustand, sondern immer vom tatsächlichen Zustand des Menschen die Rede. Außerdem spricht Jesus ja wiederholt von Bösen und Guten. Und die Guten holen Gutes aus dem gutem Schatz ihrer Herzen hervor.

Mt 12, 34-35 S
Aus der Fülle des Herzens redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatz Böses hervor.

In diesem Vers sehen wir, dass eine Reinigung des Inneren nötig und auch möglich ist. Das gilt auch bei dem, was Jesus hier den Pharisäern sagt.

Mt 23, 26 S
Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Inwendige des Bechers und der Schüssel, damit auch das Äußere rein werde!

Der blinde Pharisäer soll und kann also sein Inneres reinigen. Was ist das Innere? Jesus selbst erklärt, dass äußere Reinheitsgebote nur ein Bild auf das Innere des Menschen sind.

Mt 15, 18 S
Was aber aus dem Munde herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen.

Vor diesem Hintergrund leuchten die Reinigungswunder Jesu an Aussätzigen, die ausdrücklich in seinem Evangelium enthalten und auch seinen Jüngern befohlen sind, ganz besonders auf.

Mt 8, 2-3 N
Da kam ein Aussätziger zu ihm, warf sich vor ihm nieder und sagte. Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen.” Da berührte Jesus ihn mit der Hand und sagte. “Ich will es, sei rein!” Sofort verschwand der Aussatz, und er war rein. Jesus schärfte ihm ein. “Pass auf, dass du niemand davon erzählst! Geh stattdessen zum Priester, zeig dich ihm und bring das Opfer für deine Reinigung, wie Mose es angeordnet hat! Das soll ein Beweis für sie sein.

Es ist Jesu Spezialität und Vorrecht, Unreine zu reinigen und zwar so, dass sie als Reine bestätigt werden.

Mt 21,22 S
Und alles, was ihr gläubig erbittet im Gebet, werdet ihr empfangen.

Und bei allen Heilungen und Reinigung wird deutlich, dass dies nicht von alleine geschieht. Immer setzt das Handeln Jesu den Glauben und die Mitwirkung des Betroffenen voraus. Er muss gereinigt werden wollen und Jesus zutrauen, dass er es tun kann und will.

Die äußeren Dinge des Lebens werden von Jesus immer auf unser inneres Leben übertragen.
Der Pharisäer hatte zuerst selbst die Pflicht, sein Inneres zu reinigen. Er sollte nicht äußere Waschungen mit dem verwechseln, worauf es wirklich ankommt.
Der Aussätzige, der zu Jesus kam, bittet Jesus um Reinigung. Und er wird erhört. Und wie wir im Alten Testament gesehen haben, steht Aussatz in der Übertragung für die innere Sünde des Menschen (4 Mose 12, 10; 2 Kön 5, 27). So erklärt sich auch, wie man von einem Herzen, das an sich böse ist, zu einen reinen Herzen wie in der Bergpredigt bei Mt 5, 8 kommen kann.
Die Frage ist nur. Ist ein reines Herz nur von seiner Schuld gereinigt, oder auch von bösen Gedanken?

In jedem Fall kann jeder die folgende Verheißung Jesu in Anspruch nehmen und um ein reines Herz bitten.

Mt 21,22 S
Und alles, was ihr gläubig erbittet im Gebet, werdet ihr empfangen.

Ein reines Herz ist Gottes Wille und Verheißung (Mt 5, 8). Es befindet sich daher im Raum der möglichen und erhörbaren Gebete.

Weiter lehrte Jesus das höchste Gebot im Gesetz, das höchste Gebot überhaupt.

Mt 22, 37-40 S
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt. Das ist das erste und größte Gebot. Ein anderes aber ist ihm gleich. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Das höchste Gebot in Bezug auf Gott wird letztlich von Jesus auf sich selbst bezogen, als er seine Jünger auffordert, nichts auf dieser Welt mehr zu lieben als ihn selbst (Mt 10, 37-39; 16, 24-25).
Und der zweite Teil des höchsten Gebotes – die Liebe zu unserem Nächsten – wird uns von Jesus in seinem ganzen Ausmaß in der Bergpredigt verdeutlicht. Jesu bestätigt das Gesetz und die Propheten. Und er fasst sie in diesen beiden Geboten zusammen. Letztlich geht es um unsere völlige Liebe zu Gott und unserem Nächsten. Dieser Anspruch Jesu erhebt sich majestätisch wie der Himalaja in himmlische Höhen. Da wird die Luft so dünn, dass kaum ein Mensch ohne übernatürliche Hilfe zu glauben oder zu hoffen vermag, sich aus seinen eigenen Möglichkeiten heraus in diese gottnahe Sphäre zu bewegen.

Und doch nimmt Jesus keine Einschränkungen der Gültigkeit seines Gebots vor. Er mildert nichts ab im Hinblick auf das gefühlte Unvermögen seiner Hörer (Mt 7, 28-29). Er beschwichtigt nichts. Bei Matthäus lesen wir auch nichts davon, dass wir als Menschen diesem Dilemma dadurch entkommen, dass uns nur unsere Schuld vergeben wird und wir trotzdem dem Dilemma unserer Unfähigkeit überlassen werden.

Ja, Jesus vergibt Schuld. Doch er wiederholt immer und immer wieder: Nur die, die Gottes Willen tun, werden einmal ewiges Leben haben (Mt 7, 21-23; 12, 50; 21, 31). Gott macht keine Abstriche und erlaubt nicht weniger. Oder hat Jesus doch nicht so viel gemeint? Wie sieht es mit Extremsituationen aus?

Mt 26, 41 L
Wacht und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

Hier wird deutlich, wie schmal der Grat in Extremsituationen ist, nicht zu sündigen. Es wird weder gesagt, dass es leicht ist, noch, dass es unmöglich ist. Aber es erfordert den Einsatz des ganzen Menschen und bedarf der Hilfe Gottes. Dass die Jünger danach doch fielen und sündigten, ist an sich noch kein Beweis für notwendiges Sündigen. Auch waren sie, wie anfangs bei Matthäus von Johannes dem Täufer angekündigt, noch nicht mit dem Heiligen Geist und mit Feuer getauft. Trotzdem wird hier das grundsätzliche Problem menschlicher Schwäche deutlich.

Jetzt kommen wir zu einem der stärksten Argumente im Matthäusevangelium dafür, dass es völlig möglich ist, alle Gottes Gebote in diesem Leben zu erfüllen. Denken wir nur an die Bergpredigt, daran, Jesus mehr als alles andere in der Welt zu lieben, Gott von ganzem Herzen lieben, uns zu reinigen und ein reines Herz zu haben, unser Leben ganz zu verlieren um es neu zu finden. Machen wir uns bewusst, dass wir zu Jesus kommen können, um bei ihm Ruhe zu finden, von ihm zu lernen, und dass er es ist, der uns mit dem Heiligen Geist und mit Feuer tauft.

Das alles wird im Aussendungsbefehl Jesu am Ende des Matthäusevangeliums zusammengefasst.

Mt 28, 18-20 L
Und Jesus trat zu ihnen, redete mit ihnen und sprach. Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und lehrt alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Die Jünger sollen alle Völker – nachdem sie zu Jüngern gemacht sind – ALLES lehren, was Jesus ihnen befohlen, nicht empfohlen hat.

Und lehren kann nach allgemeiner menschlicher Übereinstimmung und besonders im Sinne der Bibel nur derjenige, der selber umsetzt, was er lehrt. Wer andere lehrt, was er selber nicht tut, kommt unter ein Gericht Gottes (Mt 7, 1). Die Jünger mussten alles, was Jesus befohlen hatte zuerst selber ausleben, um es guten Gewissens lehren zu können. Abstriche am Wort Gottes zu machen, weil ich es selber nicht erfüllen kann oder zu können meine, kommt nicht in Frage.

Mt 5, 19 N
Wer auch nur eins von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen in diesem Sinn lehrt, der gilt in dem Reich, das der Himmel regiert, als der Geringste. Wer aber danach handelt und entsprechend lehrt, der wird in diesem Reich hochgeachtet sein.

Die Apostelgeschichte würde hier zwar noch weiteren Aufschluss bringen. Da wir uns aber auf das Evangelium an sich beschränken, taucht die große Frage auf, WIE das möglich sein kann. Wie sollen wir es schaffen, allem was Jesus geboten hat zu gehorchen, wie uns der Missionsbefehl sagt. Und wie können wir es nicht nur selber tun, sondern es auch anderen vorleben und sie lehren?

Der Schlüssel und der Weg zur eigenen Lösung dieser Frage innerhalb vom Matthäusevangelium liegt nach der bisherigen Untersuchung in folgenden Eckpunkten.

  • Um wirklich Jünger Jesu zu sein, müssen wir ihn mehr als alles lieben, unser eigenes Leben verlieren und unser neues Leben in Jesus finden.
  • Wir dürfen zu Jesus kommen, erquickt werden und von ihm lernen, sein Joch und seine Last aufnehmen und Ruhe für unsere Seelen finden.
  • Jesus beauftragt uns, uns selbst reinigen.
  • Wirklich rein machen kann nur Jesus. Und er ist mehr als bereit, wenn wir ihn darum bitten und ihm vertrauen, dass er das tun kann.
  • Dadurch, dass wir Kinder des Reiches werden, werden wir „grundgut“. Gute aber zeichnen sich dadurch aus, dass sie Gutes tun im praktischen Leben.
  • So werden wir von Jesus eine neue Identität und Vollmacht geschenkt bekommen. Er (Jesus) wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
  • Wachen und Beten tut uns wie unserem Herrn in jeder Lebensphase not. Wacht und Führe und nicht in Versuchung.
  • Und doch liegt das Geheimnis eines reinen und hellen Lebens im Licht nicht in unserem – eigenen – Tun, sondern in unserem lauteren Auge, das durch den Einlass von himmlischem Licht unser ganzes Wesen hell macht.
  • Wenn unser Schatz – ganz – im Himmel ist und ich nur EINEN Herrn habe, dem ich diene, dann erst ist mein Herz in Übereinstimmung mit dem Himmel.

Einer solchen Auslegung stehen die folgenden Argumente entgegen:

  • Der Mensch ist böse und Böses kommt aus seinem Herzen.
  • Deshalb gibt es und brauchen wir ständig das Gebet Vergib uns unsere Schuld im Vaterunser.
  • Gott alleine ist gut und der Mensch in sich nicht.
  • Kommt es daher zu keiner Verbindung zwischen Gott und Mensch, ist die Frage bereits beantwortet: Der Mensch, der von Natur böse ist, kann nicht rein und heilig leben.

 

Wer in dieser Weise gegen eine mögliche völlige Heiligung und Sieg der Gläubigen argumentiert, muss sich aber fragen: Wie kann Jesus in Matthäus ganz klar vom Menschen fordern, rein, vollkommen und heilig zu leben, wenn er es doch nicht kann. Denn das wäre dann unmöglich. Und Gott wäre ungerecht, wenn er verlangt, was ein Mensch nicht kann. Dann würden alle Gebote keinen Sinn machen. Wie kann Gottes Ehre und Integrität dann bewahrt werden?

Es konzentriert sich alles an der folgenden Frage:

Kann Gott den bösen Menschen entweder gut machen oder kann Gott im bösen Menschen wohnen und selber der Gute im Menschen sein?

Die einzig mögliche Antwort dazu bei Matthäus ist die Taufe mit dem Heiligen Geist und mit Feuer. Denn der Mensch hat keine guten Ressourcen in sich selbst. Gut ist alleine Gott.

Doch dann stellt sich die nächste Frage:

Kann Gott, wenn er das Gute im Menschen bewirkt, ihn ein bisschen, oder mehr, oder völlig gut machen? Was will und kann Gott tun? Kann Gott den Fall des Menschen durch die Sünde beheben oder nicht?

Vielleicht hilft uns diese Betrachtung bei der Suche nach einer Antwort:

Bei Matthäus gibt es auffälligerweise keine Graubereiche. Es gibt Dunkelheit und Licht, es gibt das böse Herz und das reine Herz, es gibt Unreinheit und Reinigung, es gibt das Nichttun seiner Gebote und das Tun seiner Gebote, es gibt solche, die ihm Jesus, nicht nachfolgen und solche, die ihm nachfolgen, es gibt solche, die ihr Leben nicht um Jesu willen verlieren und solche, die ihr Leben um Jesu willen verlieren und neu finden, es gibt solche, die keine Frucht bringen, und solche, die Frucht bringen, es gibt die törichten Jungfrauen und es gibt die klugen Jungfrauen, es gibt die untreuen Verwalter und es gibt die treuen Verwalter, es gibt Böse und es gibt Gute.

Matthäus unterscheidet eindeutig zwei Klassen von Menschen. Gott kann Menschen grundsätzlich gut machen. Doch die Frage bleibt: Wie gut?

Der bei Matthäus vorhandene Beweis, dass der Mensch und sein Herz von Natur aus böse und unrein sind (Mt 15, 19+20), wird von Jesus nur an einer einzigen Stelle weitergeführt. In der Bergpredigt, die ja an seine Jünger und an das Volk Israel gerichtet ist, sagt Jesus:

Mt 7, 11 N
So schlecht wie ihr seid, wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten.

Auch die Jünger sind (noch) böse. Und Böse können den Vater im Himmel um Gutes bitten und es auch bekommen. Damit wird göttlich Gutes zum menschlich Bösen hinzugefügt. Wie groß die Auswirkungen davon sein können, bleibt auch hier unklar. Da böse Gedanken aus dem Herzen des Menschen kommen, muss das Herz gereinigt werden, wenn Böse gut werden sollen. Und das kann ausdrücklich geschehen. Denn: Selig sind, die reines Herzens sind sagt Jesus. Daher bleibt das Argument, dass wir böse sind, nicht ohne Lösungsmöglichkeit.

Alle weiteren Worte Jesu bei Matthäus an den Jünger weisen nicht auf ewig anhaftende Sünde hin, sondern fordern Gottähnlichkeit in höchsten Maße. Die mögliche Lösung dafür ist: Reinigung, die zu einem reinem Herzen führt, Aufhellung der Sicht, die zu einem lauteren Auge führt. Das sind mögliche Realitäten im Leben der Nachfolger Jesu bei Matthäus.

Matthäus macht klar: Wer Jesus nachfolgen will, soll den ganzen Willen Gottes tun – bis dahin, die eigenen Feinde vollkommen zu lieben. Rettender Glaube tut Gottes Willen, die ganze Bergpredigt. Er liebt Gott und den Nächsten. Der Möglichkeit zu sündigen wird aber viel Platz eingeräumt. Das Heilmittel ist Umkehr und Vergebung. Aber das Ziel ist und bleibt, dass Gottes Wille geschieht, wie im Himmel, so auch auf Erden. Nirgendwo wird gesagt, dass dies nicht geschehen kann.

Wir müssen uns reinigen, um dorthin zu kommen. Und wir können den Vater im Himmel bitten, uns Bösen Gutes zu geben. Das völlige Aufgeben unseres Eigenlebens ist dafür die Voraussetzung. Nur wenn wir Jesus mehr als alles andere lieben, wird er uns mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.

 

Zusammenfassung Matthäusevangelium

Das Matthäusevangelium ist die Krone des Gehorsams Gott gegenüber. Es zeigt Jesus als König, dem alle Loyalität gebührt. Es offenbart den wahren und tiefsten Sinn des Gesetzes im Alten Testament. Es ist der Paukenschlag-Beginn des Neuen Testaments. Ja, in seinem Evangelium erkennt Matthäus das Sündenproblem des Menschen an: Jeder Mensch ist im Herzen böse und braucht Vergebung. Jesus legt aber seine Jünger nicht auf die Sünde fest: Selig sind die reinen Herzens sind. Jesus fordert im Gegenteil von seinen Jüngern alles zu halten, was er ihnen geboten hat. Und das geht in seiner Radikalität weit über die Gebote des Alten Testamentes hinaus. Jesus erwartet, dass seine Jünger alles umsetzen und sogar lehren. Ja, als seine Jünger können und sollen wir so vollkommen sein und lieben, wie der Vater im Himmel vollkommen ist und liebt. Letztlich erwartet Jesus von seinen Jüngern, dass sie so leben wie er. Wenn Jesus das aber von seinen Jüngern erwartet, dann können sie es auch. Unmöglich? Hoffnung kommt vom Vater, der Bösen Gutes gibt, und von Jesus, der Unreine reinmacht. Jesus wird seine Jünger mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. ER allein kann den entscheidenden Unterschied machen für uns als Menschen mit unserem Sündenproblem. Und dass er das kann, zeigt er in Heilungen und Befreiungen aller Art auf vollkommene Weise. Und trotz des allumfassenden geforderten Gehorsams tröstet Jesus uns. Er vergibt uns unsere Schuld, wenn wir zu ihm kommen. Ein Neuanfang ohne Altlasten ist für jeden möglich. Und wie wir im Vaterunser lernen, ist auch jederzeit ein Wiederanfang auf unserem Weg zur Vollkommenheit des Vaters und zu einem reinem Herzen möglich.

So würde jemand das Evangelium nach Matthäus verstehen, wenn er sonst kein Wort Gottes hat, und wenn er seine eigenen Grenzen in der Nachfolge Jesu noch nicht erfahren hat.

 

Ich bewerte das Matthäusevangelium daher abschließend für mich ganz klar mit pro möglicher völliger Heiligung.

 

contra

Mt 6, 12 L
Und vergib uns unsere Schuld.

Mt 7, 11 N
So schlecht, wie ihr seid.

Mt 19, 17 N
Gut ist nur einer.

Mt 12, 33-35 E
Otternbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund.

Mt 15, 19+20 S
Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen. Das ist’s, was den Menschen verunreinigt.

Mt 15, 18 S
Was aber aus dem Munde herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen.

Mt 26, 41 L
Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

 

pro

Mt 3, 11 E
Der euch mit Heiligem Geiste und Feuer taufen wird.

Mt 5, 8 E
Glückselig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.

Mt 5, 48 E
Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Mt 6, 9-13 S
Vater unser im Himmel!
Geheiligt werde dein Name.
Es komme dein Reich.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel,
also auch auf Erden.

Mt 6, 21-23 S
Das Auge ist des Leibes Leuchte. Wenn nun dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. …
Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor.

Mt 16, 25 E
Wer aber … sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.

Mt 11, 28-30 E
Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.

Mt 23, 26 S
…reinige … das Inwendige des Bechers und der Schüssel!

Mt 8, 2-3 S
Und siehe, ein Aussätziger kam, fiel vor ihm nieder und sprach. Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen. Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach. Ich will; sei gereinigt! Und alsbald ward er von seinem Aussatz rein.

Mt 21,22 S
Und alles, was ihr gläubig erbittet im Gebet, werdet ihr empfangen.

Mt 22, 37-40 S
«Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt». Das ist das erste und größte Gebot. Ein anderes aber ist ihm gleich. «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.» An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Mt 28, 18-20 L
Und Jesus trat zu ihnen, redete mit ihnen und sprach. Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und lehrt alle Völker, … lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

 

Meine Beobachtungen

 

 

 

 

 

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