Heilig leben und lieben

© Heino Weidmann Hat Gott wirklich? gesagt – 95ThesenTeil2.de zu deinem Sieg über die Sünde durch Jesus Christus,  Heilig leben und lieben, epubli.de, 2021.

 

Heilig leben und lieben

Und das ist die Herausforderung:

Unser heiliger Gott ist Liebe. Sollte Gott gesagt haben, dass wir als Christen heilig wie er leben sollen und es auch können? Hat Gott wirklich gesagt, dass wir IHN von ganzem Herzen lieben sollen und es auch können, und unseren Nächsten wie uns selbst? Sollte Gott wirklich gesagt haben, dass wir in diesem Leben durch unseren Herrn Jesus Christus Sieg über die Sünde in allen Bereichen unseres Lebens haben können? Sollte er? Hat er das gesagt?

Meine und deine Erfahrung spricht dagegen. Ebenso das Zeugnis der Christenheit: Über 50% der männlichen Christen in Europa/weltweit sind in Internetpornographie verstrickt, christliche Ehen werden geschieden, Streit und Spaltung herrschen in unseren Gemeinden, ja oft Zustände wie in Korinth und Laodizäa. Wenn wir alle Sünden zusammentragen wollen, die wir Christen tun, dann gibt es sicher kaum eine begehbare Sünde, die wir nicht begangen haben. Du kannst sicher einiges aus deiner eigenen Erfahrung und der deines Umfeldes beisteuern.

Der Mensch ist und bleibt doch auch als zu Jesus Christus Bekehrter ein sündigendes Wesen.

Das sagt unsere Erfahrung. Und das sagt auch unsere reformatorische Theologie. Und unsere Theologie wird wiederum durch unsere Erfahrung bestätigt.

Die Meinungen hinsichtlich dieser wichtigen Frage, was Gott in und durch seine Gläubigen tun kann oder nicht, gehen allerdings seit Jahrhunderten weit auseinander.

Zur Verdeutlichung zitiere ich hier den Auszug eines Gesprächs zwischen John Wesley aus England und Graf Zinzendorf aus Deutschland vom 3. September 174110.

Zinzendorf
Du sagst, wahre Christen seien keine armen Sünder. Das ist völlig falsch. Die besten Menschen sind bis zum Tode ganz elende Sünder. Wenn sie etwas Anderes sagen, sind sie durch und durch Betrüger oder teuflisch Verführte. Unsere Brüder, die Besseres lehren, hast du bekämpft.

Wesley
Ich bin in Sorge, dass sie Falsches lehren über das Ziel unseres Glaubens in diesem Leben, also über die christliche Vollkommenheit.

Zinzendorf
Ich erkenne keine innewohnende Vollkommenheit in diesem Leben an. Das ist der Irrtum aller Irrtümer. Allein Christus ist unsere Vollkommenheit. Wer eine innewohnende Vollkommenheit lehrt, der leugnet Christus.

Wesley
Ich aber glaube, dass Christi Geist im rechtem Christen die Vollkommenheit schafft.

Zinzendorf
Keineswegs. Unsere ganze Vollkommenheit liegt in Christus. Alle Vollkommenheit besteht im Vertrauen auf das Blut Christi. Die ganze christliche Vollkommenheit ist zugerechnet, nicht einwohnend. Wir sind vollkommen in Christus, in uns selbst niemals.

Wesley
Wir streiten, glaube ich, um Worte. Ist nicht jeder, der wirklich glaubt, ein Heiliger?

Zinzendorf
Aber ein Heiliger in Christus, nicht in sich.

Wesley
Aber lebt er nicht heilig?

Zinzendorf
Gewiss, er lebt heilig in allem.

Wesley
Und hat er nicht ein heiliges Herz?

Zinzendorf
Ganz gewiss.

Wesley
Folglich ist er doch heilig in sich. Trägt er nicht in seinem Herzen die Liebe zu Gott und zum Nächsten, ja sogar das ganze Ebenbild Gottes?

Zinzendorf
Ja, aber das ist die gesetzliche Heiligkeit, nicht die evangelische. Die evangelische Heiligkeit ist der Glaube. Ein Heiliger ist nicht heiliger, wenn er mehr liebt, und nicht weniger heilig, wenn er weniger liebt.

Wesley
Was? Nimmt denn der Glaubende, der in der Liebe wächst, nicht gleichfalls in der Heiligkeit zu?

Zinzendorf
Niemals. Vielmehr in dem Augenblick, in dem er gerechtfertigt ist, wird er auch völlig bis ins Innerste geheiligt. Demnach ist er bis zu seinem Tode weder mehr noch weniger heilig.

Wesley
Also ist ein Vater in Christus nicht heiliger als ein Kind in Christus?

Zinzendorf
Nein. Die ganze Heiligung und Rechtfertigung sind in demselben Augenblick da, und keine wird mehr oder weniger.

Wesley
Ich meinte, wir sollten in der Gnade wachsen!

Zinzendorf
Sicherlich. Aber nicht in der Heiligkeit. Sobald nämlich jemand gerechtfertigt ist, wohnen Vater, Sohn und Heiliger Geist in seinem Herzen. Und sein Herz ist in jenem Augenblick so ganz rein, wie es jemals sein wird.

Wesley
Was du gesagt hast, will ich mit Gottes Hilfe genau erwägen.

Aufgezeichnet von John Wesley und aufgenommen von Zinzendorf in die „Bündingische Sammlung“.

Und rund 170 Jahre später sagt die „Berliner Erklärung“11:

Insonderheit aber ist die unbiblische Lehre vom sogen. „reinen Herzen“ für viele Kreise verhängnisvoll und für die sogenannte Pfingstbewegung förderlich geworden. Es handelt sich dabei um den Irrtum, als sei die „innewohnende Sünde“ in einem begnadigten und geheiligten Christen ausgerottet. Wir halten fest an der Wahrheit, dass der Herr die Seinigen vor jedem Straucheln und Fallen bewahren will und kann (1Thess 5,23; Jud 24.25; Hebr 13,21) und dass dieselben Macht haben, durch den Heiligen Geist über die Sünde zu herrschen. Aber ein „reines Herz“, das darüber hinausgeht, auch bei gottgeschenkter, dauernder Bewahrung mit Paulus demütig sprechen zu müssen: „Ich bin mir selbst nichts bewusst, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt“, empfängt der Mensch überhaupt auf Erden nicht. Auch der gefördertste Christ hat sich zu beugen vor Gott, der allein Richter ist über den wahren Zustand der Herzen, vgl. 1Kor 4,4. „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns“, 1 Joh 1,8. In Wahrheit empfängt der Gläubige in Christo ein fleckenlos gereinigtes Herz, aber die Irrlehre, dass das Herz in sich einen Zustand der Sündlosigkeit erreichen könne, hat schon viele Kinder Gottes unter den Fluch der Unaufrichtigkeit gegenüber der Sünde gebracht, hat sie getäuscht über Sünden, die noch in ihrer Gedankenwelt, in ihren Versäumnissen oder in ihrem Zurückbleiben hinter den hohen Geboten Gottes in ihrem Leben liegen. Es kann nicht genug ermahnt werden, für die Sünde ein Auge sich zu bewahren, welches nicht getrübt ist durch eine menschlich gemachte Heiligung oder durch eine eingebildete Lehre von der Hinwegnahme der Sündennatur.

Mangelnde Beugung über eigene Sünde verschließt den Weg zu neuen Segnungen und bringt unter den Einfluss des Feindes. Traurige Erfahrungen in der Gegenwart zeigen, dass da, wo man einen Zustand von Sündlosigkeit erreicht zu haben behauptet, der Gläubige dahin kommen kann, dass er nicht mehr fähig ist, einen Irrtum zuzugeben, geschweige denn zu bekennen. Eine weitere traurige Folge falscher Heiligungslehre ist die mit ihr verbundene Herabsetzung des biblischen, gottgewollten ehelichen Lebens, indem man mancherorts den ehelichen Verkehr zwischen Mann und Frau als unvereinbar mit wahrer Heiligung hinstellt, vgl. 1Mo 1,28 und Eph 5,31.

Diese beiden Beispiele machen die zwei unterschiedlichen Pole deutlich zwischen denen wir hin- und hergezogen werden können. Und in ihnen kommen die Vertreter eines möglichen dauerhaften Sieges im christlichen Leben nicht gut weg.

Lohnt es sich daher überhaupt, sich mit dieser Frage näher zu befassen?

Es ist schwierig, die Bibel unvoreingenommen zu lesen, besonders nach vielen Jahren persönlicher Erfahrungen als Christ. Dazu kommt die reformatorische Theologie in Europa und besonders in Deutschland im evangelischen Raum, die sich maßgeblich an den Aussagen Luthers und Zinzendorfs und vielerorts an den Leitlinien der Berliner Erklärung orientiert. Dem liegt eine ganze Auslegungstradition zugrunde, die uns auch als Christen in der Sünde gefangen sieht und gefangen hält:
Wir werden der Sünde in diesem Leben nie ganz entkommen, wir werden immer sündigen und an Gott und den Menschen schuldig werden. Es gibt keinen völligen Sieg durch Christus in diesem Leben.

Denn vieles, was Christus getan hat, wird in der reformatorischen Theologie als „(nur) angerechnet“ verstanden. Dieses „angerechnet Sein“ gilt vor Gott und hat eine beziehungswiederherstellende Wirkung und Kraft. Und das ist auch richtig so und die Grundlage jeden rettenden Glaubens an Christus.

Aber auch vor Menschen soll nach Gottes Willen deutlich werden, was Gott in den Gläubigen sichtbar und erfahrbar in diesem Leben bewirkt. Wir können der Welt wohl sagen, dass Gott uns die Gerechtigkeit Christi und seine Heiligkeit anrechnet. Aber die Welt wird nur glauben, dass der Vater den Sohn gesandt hat, wenn sie heilige und veränderte Menschen sieht, die rein und gerecht und in Liebe eins leben.

Mt 6, 9 N
Unser Vater im Himmel!
Dein heiliger Name werde geehrt!
Deine Herrschaft komme!
Dein Wille geschehe auf der Erde wie im Himmel!

Die ersten drei Bitten im Vaterunser offenbaren uns das Herz Gottes.
Die erste und wichtigste Bitte ist, dass Gottes Name geheiligt wird.
Erst wenn Menschen Ehrfurcht vor dem heiligen Namen Gottes bekommen und ihn heiligen, wird Gottes Reich kommen. Und erst wenn Gottes Reich kommt, wird sein Wille auf der Erde so wie im Himmel geschehen.

Und wie wird Gottes Name konkret ge- oder entheiligt?

Hes 36, 23 S
Darum will ich meinen großen Namen wieder heilig machen, der vor den Heiden entheiligt worden ist, welchen ihr unter ihnen entheiligt habt! Und die Heiden sollen erkennen, dass ich der HERR bin, spricht Gott, der HERR, wenn ich mich vor ihren Augen an euch heilig erweisen werde.

Das heilige Volk Gottes entheiligt Gott durch seine unheilige Lebenspraxis vor allen Völkern. Und da sollte es Gott nur auf unserem rechtlichen Stand vor ihm ankommen? Nein! Gottes Name soll durch das Leben seines Volkes geehrt und geheiligt werden. Andere Menschen beeindruckt es nicht, sie merken keinen Unterschied, wenn uns Reinheit und Heiligkeit und Liebe lediglich angerechnet sind. Sie brauchen und wollen die praktische Auswirkung davon. Wir sollen und müssen ein lebendiger Brief sein, der von den Menschen gelesen werden kann.

Apg 2, 46-47 S
Und täglich verharrten sie einmütig im Tempel und brachen das Brot in den Häusern, nahmen die Speise mit Frohlocken und in Einfalt des Herzens, lobten Gott und hatten Gunst bei dem ganzen Volk. Der Herr aber tat täglich solche, die gerettet wurden, zur Gemeinde hinzu.

Und darum geht es hier in diesem Buch: Wie können und sollen und wollen wir als Christen wirklich heilig leben nach Gottes Willen? Können wir Gott und unseren Nächsten von ganzem Herzen lieben? Wenn wir heilig in Christus sind, leben wir auch heilig? Wenn wir selbst so von Gott geliebt sind, lieben wir wie er? Können wir das überhaupt? Ist Gottes Wille zu hoch für uns oder können wir ihn tun?

Unbestritten ist, dass die Bibel offen und schonungslos über alle Sünden des Gottesvolkes sowohl im Alten als auch im Neuen Testament berichtet. So viel Sünde an sich könnte schon als Gegenargument gegen ein von der Sünde befreites Leben sprechen. Doch darum geht es mir hier bei dieser Untersuchung nicht. Es geht nicht darum zu sehen, was die meisten tun, damals wie heute. Unser Ist-Zustand als gesamtes Volk Gottes ist eine traurige Wahrheit.

In diesem Buch geht es mir vielmehr darum zu verstehen, was Einzelne durch die Gnade Gottes zu tun vermögen. Denn was einer kann, können potenziell alle – da wir alle völlig von der Gnade Gottes abhängig sind.

EIN Pinhas wehrte der Plage, die über die Israeliten kam, ZWEI Kundschafter von 12 glaubten, dass sie das verheißene Land einnehmen konnten und taten es auch, EIN David nahm es durch die Kraft Gottes mit Goliath auf, EIN Petrus ging über das Wasser wie Jesus, EIN Petrus und EIN Johannes wiesen den Hohen Rat zurecht mit den Worten: „Für diese Tatsachen stehen wir als Zeugen und ebenso der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.“ (Apg 5, 32) EIN Paulus forderte mit EINIGEN seiner Begleitern die Thessalonicher heraus mit den Worten: „Ihr selbst seid Zeugen, und Gott, wie heilig, gerecht und untadelig wir bei euch, den Gläubigen, gewesen sind.“ (1 Thess 2, 10). EIN Johannes versichert uns, dass die Gebote Jesu nicht schwer sind und dass wir genauso rein und heilig und liebend leben können, wie unser großer Meister.

Es ist ein Jammer bis heute, dass oft nur Einzelne erleben, was Gott für sein ganzes Volk vorgesehen hat. Aber innerhalb der Grenzen, die Gott uns gegeben hat, können wir alle erleben, was er für uns bereitgestellt hat.

Die Frage, die ich in diesem Buch stelle, ist:
Wieviel Liebe, Reinheit, Heiligkeit und Sieg über die Sünde kann und will Gott jedem einzelnen Gläubigen in diesem Leben geben? Was ist möglich für mich als Nachfolger Jesu, wenn ich – durch Gottes Gnade – das ganze Potenzial ausnutze, das Christus durch sein Opfer in mein Leben hineingelegt hat? Und wo sind meine Grenzen? Was hat Gott gesagt und was nicht?

Ich selber bin ein Kundschafter des verheißenen Landes. Es ist Kanaan. Das Land, das Gott gehört und in dem er regiert. Ich habe das gute Land, das Gott uns geben will nach allen Seiten durchzogen und durchforstet. Und ich habe es für sehr gut befunden! Es ist ein sehr fruchtbares Land, das vom Regen des Himmels getränkt wird und reichlich Früchte trägt. Gott selbst wohnt darin. Keine Mauer ist zu hoch, keine Festung zu befestigt, kein Gegner zu stark oder mächtig, dass wir ihn nicht überwinden könnten. Es ist Gottes Erbteil für sein Volk. Ich selbst bin noch nicht in diesem herrlichen Land. Doch ich erstatte dir Bericht von meinem Reisen. Und ich sage dir: Das Land, das Gott der Herr uns gegeben hat, ist sehr gut!

Zu verschiedenen Zeiten haben die Heiligen Gottes diesem Land ganz verschiedene Namen gegeben: Die Ruhe in Christus, das reine Herz, die vollkommene Gewissheit des Glaubens, das Überwinderleben, das Leben im Licht, in Christus sein und bleiben, völlige Heiligung und einige mehr. Die einzelnen Aspekte dieses einzigartigen Lebens aus Gott lassen erst in ihrer Gesamtheit die ganze Fülle dieses herrlichen Regenbogens der Gnade Gottes aufstrahlen, der vom Schöpferhimmel bis auf die Niederungen dieser Erde reicht.

Dieses Land ist uns durch Gnade gegeben und Gott ruft uns, es einnehmen! Komm mit, erobern wir das Land!

 

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